Die fünfte Fan Huan Gong

Sie heißt : PENG ZU MA XU – Der Mönch streicht seinen Bart

Die physische Übung

Wenn wir aus der vierten Übung kommen, beginnt die Übung wie folgt:

Nachdem die rechte Hand zum Himmel zeigt und die linke zur Erde gehen beide Hände nach außen, sodass wir mit ausgestreckten Armen dastehen. Die Handflächen zeigen nach vorne. Dann fangen wir das Qi vor dem Herzen ein. Dabei gehen die Hände vor die Brust, etwas überhalb der Brustbeinmitte, die Handflächen zeigen nach vorne, leicht nach unten gedreht. Bevor sie sich treffen sind sie dann ganz nach unten gedreht und wir geleiten das Qi nach unten. Wenn die Hände vor Dantian sind, ist die vierte Übung zu Ende und die fünfte beginnt.

Wenn wir diese Übung alleine machen, dann startet sie so:

Die Hände liegen auf Dantian. Die Füße stehen parallel etwa schulterbreit. Wir lösen diese und lassen sie leicht vor den Körper sinken.

Danach geht es so weiter:

Wir steigen mit dem linken Fuß nach außen und drehen uns gleichzeitig nach rechts, indem beide Hände rechts neben den Kopf gehoben werden. Die rechte Hand ist etwas weiter außen, sodass der Unterarm mit dem Oberarm einen stumpfen Winkel bildet. Die Fingerspitzen zeigen nach oben. Die linke Hand ist zwischen der rechten und dem Gesicht, ungefähr in der Mitte. Die Fingerspitzen zeigen nach hinten. Der Blick ist auf die Hände gerichtet. Der linke Fuß ist am Boden angekommen, etwas mehr als schulterbreit vom rechten weg, nachdem wir diesen zuerst mit der Fußspitze, dann mit dem ganzen Fuß aufgesetzt haben.

Dann drehen wir uns nach links. Dabei löst sich die linke Ferse und der linke Fuß dreht soweit es geht, indem die Ferse nach innen kommt und so weit dies geht nach vorne geschoben wird. Rechts drehen wir uns auf der Ferse und stellen den Fuß dann ungefähr im Winkel von 45 Grad zur Ausgangsstellung ab. Gleichzeitig geht die linke Hand nach unten. Sie beschreibt dabei einen natürlichen Bogen vor dem Körper und endet über dem linken Hüftknochen. Die Handfläche schaut am Schluss nach oben. Die rechte Hand kommt vor das Gesicht, indem sich die Schulter nach vorne bewegt. Die Finger zeigen am Schluss schräg nach oben.

Nun entspannen wir den linken Fuß, nehmen also die Ferse wieder weiter zurück in die Normalstellung, allerdings ohne sie wirklich abzustellen. Gleichzeitig geht die rechte Hand vor dem Körper in einem natürlichen Bogen in dieselbe Position wie die linke Hand (nur auf der rechten Seite). Beide Handflächen zeigen also nach oben. Das Gewicht ist am rechten Fuß, der linke steht am Fußballen.

Nun heben wir gleichzeitig die Hände und den linken Fuß. Die Hände beschreiben einen Bogen bis hinter die Ohren und kommen dann am Hals wieder nach vorne. Wobei die Handflächen zuerst nach oben, dann zum Kopf und schließlich nach vorne zeigen. Der linke Fuß ist im Knie angewinkelt, geht hoch, bis der Oberschenkel waagrecht ist. Dann machen wir in der Hüfte eine Drehung um weitere 45 Grad, sodass der linke Fuß jetzt im rechten Winkel zu unserer Ausgangsstellung nach links zeigt. Zu diesem Zeitpunkt sind die Hände ungefähr am Hals.

Nun setzen wir den linken Fuß am Boden ab. Die Arme strecken sich, sodass die Hände auch im rechten Winkel zur Ausgangsstellung nach links zeigen, also über dem linken Fuß sind. Das Gewicht verlagert sich auf den linken Fuß, der Oberkörper bleibt aufrecht. Das Nachvornegehen beschränkt sich also auf das Ausstrecken der Arme und eine Bewegung in der Hüfte mit dem Verlagern des Gewichts vom linken auf den rechten Fuß. Der rechte Fuß steht immer noch im Winkel von 45 Gtrad zur Ausgangsstellung und wir gehen auch nur so weit nach vorne, wie dies unser rechter Fuß erlaubt. Die Ferse bleibt dabei am Boden.

Bereits am Weg nach vorn bremst sich dann die Bewegung wieder ein. Vor allem der rechte Arm kommt früher zum Stillstand und plötzlich sind die Hände spiegelverkehrt wieder in der Stellung, mit der wir begonnen haben und der Körper geht wieder zurück, die rechte Hand macht den Bogen nach unten, der linke Fuß dreht sich auf der Ferse und der rechte Fuß auf dem Fußballen und das Spiel wiederholt sich spiegelverkehrt. Wir machen auch diese Übung viermal nach links und viermal nach rechts.

Zum Abschluß dreht der rechte Fuß nicht mehr auf 45 Grad zur Ausgangsstellung, sondern bleibt mit den Zehen nach vorne stehen. Der rechte Arm geht nach unten. Dann ziehen wir den linken Fuß bei, sodass wir mit geschlossenen Füßen dastehen. Dabei geht der rechte Arm nach unten. Dann heben wir die Hände bis zu den Schläfen und führen die Energie von dort nach unten, indem die Handflächen zuerst nach vorne, dann immer mehr nach unten schauen. Wenn wir die Übung beenden, legen wir die Hände auf Dantian.

Die energetische Übung

Die fünfte FHG ist wie ein Tanz. Ich versuche, die Übung möglichst in einem Durch zu machen, keine Stopps, keine ruckartigen Bewegungen. Die Dinge fließen lassen. Sie geht auch mit geschlossenen Augen sehr gut (im Gegensatz zur dritten oder sechsten). Auch ist es empfehlenswert, sie am Anfang auf einem begrenzten Platz zu üben, damit man die nötige Präzision bei der Schrittsetzung erreicht. Mittlerweile bleibe ich im Bereich von wenigen Zentimetern dort, wo ich begonnen habe, auch mit geschlossenen Augen.

Ich denke, am wichtigsten war für mich, dass diese 45 Grad wirklich 45 Grad sind und nicht mehr. Von der dritten kommend sind wir gewöhnt, uns weiter zu drehen, doch das ist hier kontraproduktiv, weil es ja erst der erste Teil der Drehung ist.

Wenn man mit geschlossenen Augen Schwierigkeiten hat, das Gleichgewicht zu halten – besonders wenn man auf einem Bein stehen soll, so hilft es, im Standbein mit den Gedanken weit nach unten zu gehen, zu spüren, wie man im Knie nachgibt. Überhaupt ist genau das oft ein Problem am Anfang, nämlich dass man im Knie zu steif ist. Ansonsten ist dies eine der schönsten FHG-Übungen.

Das fünfte Chakra steht für Selbstverwirklichung und hier geht es darum, jene Ängste zu überwinden, die einem am Weg zu uns selbst behindern. Dies kann sehr vielfältig sein und im Allgemeinen gehen sie sehr tief. Dies ist auch der Grund, warum ihnen viele aus dem Weg gehen. Während die Ängste im 1. Chakra existenziell sind und von jedem gelöst werden müssen, kann man diese auch umgehen – kommt damit aber auch nie bei sich selbst an.

Im fünften Chakra bringen wir jetzt das mit, was wir in den unteren vier gelernt haben. Auch das zweite Chakra beschäftigt sich mit dem Ich, allerdings ohne die Einsicht, dass wir nicht alleine auf der Welt sind. Diese kommt erst im dritten und vierten Chakra, die Erfahrungen mit der Gruppe widerspiegeln. Erst mit diesen Erfahrungen sind wir in der Lage, das fünfte Chakra zu bewältigen und uns selbst zu verwirklichen, indem wir auch unser Umfeld mit einbeziehen.

Die vierte Fan Huan Gong

Die Übung heißt: Falun Changzhuan – das große Rad beständig drehen

Die physische Übung

Wenn wir aus der dritten Übung kommen, beginnen wir wie folgt:

Wir haben die Hände hoben (so als ob uns wer mit der Waffe bedrohen würde). Beide Hände gehen in einer kreisförmigen Bewegung nach unten. Diese Bewegung führt die rechte Hand unterhalb des Nabels vorbei, wobei die Handinnenfläche nach oben schaut. Die Bewegung der linken Hand endet auf Mingmen, wobei der Handrücken auf Mingmen zu liegen kommt und Daumen und Zeigefinger die Sonne bilden (sich also berühren und dabei einen Kreis bilden).

Wenn wir die Übung eigenständig machen, sieht der Anfang so aus:

Wir lösen die Hände von Dantien und die rechte Hand kommt von außen unterhalb des Nabels vorbei, die Handfläche schaut nach oben. Die linke Hand geht mit einer leichten Pendelbewegung zum Rücken und kommt auf Mingmen zu liegen. Der Handrücken liegt am Rücken, Daumen und Zeigefinger die Sonne bilden (sich also berühren und dabei einen Kreis bilden).

Danach geht es so weiter:

Die rechte Hand beschreibt nun einen möglichst großen Kreis. Dabei geht sie zuerst nach links und zieht dabei die rechte Schulter mit. Die Füße bleiben, wo sie sind, die Drehung erfolgt im Lendenbereich. Mit der Zeit zeigen die Finger dann immer mehr nach oben, führen die Hand nach oben, bis der Arm ganz nah am Gesicht ist. Dann lässt die Spannung nach und der Körper dreht sich (im Lendenbereich), der Arm kommt auf die rechte Seite des Gesichts, der Blick geht wieder nach vorne, die rechte Hand beschreibt weiter den Kreis, wobei die Finger zuerst nach außen, ab der Höhe des Gesichts dann beginnen, nach unten zu zeigen. Wiederum führen sie die Hand, wobei wir so weit wie möglich draußen bleiben. Durch den geschlossenen Stand ist das nicht so leicht, führt dazu, dass wir mit dem Becken nach links ausgleichen.

Die Hand geht so weit wie möglich nach unten. Dabei bleiben die Knie gestreckt. Es ist egal, wie weit wir dabei nach unten kommen. Dann stellen wir die Hand im Handgelenk auf, sodass die Handinnenfläche zum Boden schaut. So streichen wir nun im unteren Bereich „über den Boden“. Der Körper dreht sich der Hand wieder nach, verdreht sich leicht nach links und wenn wir die Hand wieder heben, zeigen die Finger wieder nach außen und beschreiben weiter einen möglichst großen Kreis. Der Oberkörper ermöglicht durch seine Stellung diesen möglichst großen Kreis, geht also dann mit in die aufrechte Stellung, wenn die Hand nach außen zeigt. Wir kommen wiederum zu jener oben beschriebenen Position, wo der Arm nah am Gesicht nach oben zeigt und wiederum lässt die Spannung nach und der Körper dreht sich nach vorne. Dieses Mal wird die Hand aber „das Qi besänftigend“ nach unten geführt und landet dort, wo bis jetzt die linke Hand lag, am Mingmen. Ungefähr ab Höhe der Schultern beginnen sich Daumen und Zeigefinger zu schließen und bilden die Sonne. Ab diesem Zeitpunkt löst sich die linke Hand vom Rücken, pendelt leicht aus und kommt zur selben Zeit unterhalb des Nabels vorbei, wo die rechte Hand auf Mingmen landet. Der Kreislauf beginnt von Neuem.

Diese Übung ist mindestens viermal (nach links und rechts) zu machen.

Wenn man die Übung abschließt, geht die linke Hand nachmals im gewohnten Durchlauf an Dantian vorbei nach oben. Wenn wir oben sind, pendelt der Körper aus und die linke Hand bleibt ausgestreckt, der Körper ist nach vorne ausgerichtet. Dann sinkt die rechte Hand nach unten, die Finger öffnen sich, Fingerspitzen zeigen nach unten. Wir spüren kurz die Energie, die da zwischen den zum Himmel zeigenden Fingern der rechten Hand und den zur Erde zeigenden Fingern der linken Hand fließen, dann gehen beide Arme im Bogen zur Seite und beschreiben einen Bogen nach vorne zur Mitte, wobei sich die Handinnenflächen am Weg nach vorne immer mehr der Erde zuwenden. Dann führen wir die Energie des Herzens nach unten. Wenn wir die Übung abschließen, landen die Hände in der gewohnten Haltung auf Dantian, andernfalls geht es mit der fünften Übung weiter.

Die energetische Übung

Einige Worte zum Stand:

Der Stand zeigt uns, was wir in den einzelnen Chakren zu tun haben. Die Chakren 1-3 erfordern von uns noch einen breiteren Stand, während wir bei 4 – 6 uns mit so wenig Platz von der Erde wie möglich zufrieden geben. Die zweite ist am Breitesten, da geht es immerhin um unser Ich. In der dritten spielen wir mit dem Stand, testen sozusagen unsere Möglichkeiten. In der siebten weichen wir vor dem Göttlichen respektvoll zurück.

Die vierte Übung stärkt unser Herz-Chakra. Wir beschreiben damit einen großen Kreis mit den Armen, öffnen unseren Brustbereich, sind dabei ganz aufrecht und verneigen uns in Demut, so tief wir können, und das immer und immer wieder. Es ist die einzige Übung, von der wir nicht genug bekommen, die nicht dazu da ist, „den Tod zu besiegen“ und deshalb genau viermal zu machen ist.

Alle Emotionen gehen über das Herz, weshalb das Herz auch am meisten und diesen Pseudogefühlen leidet. Anfänger merken das, weil sie beim Qigong zuerst den Geist beruhigen müssen, der ja seinen Sitz im Herzen hat.

„Vom Ich zum Wir“. Eigentlich schon ein Thema im dritten Absatz, aber hier lernen wir, dass es ein Vorteil für uns ist, wenn wir den anderen respektiren und schätzen. „Win-Win-Situation“. Beide profitieren, wenn wir uns auf der Ebene des vierten Chakras bewegen. Es geht nicht mehr um Wettbewerb, Verdrängung, sondern um darum, dass „ein Team mehr ist als die Summe seiner Individuen“. Das ist nicht einfach und setzt eine gewisse Reife der Teammitglieder voraus, aber es funktioniert.

In der Bibel wird dies im neuen Testament klar und ist wohl der Grund, warum sich das Christentum damals so grundlegend neu präsentierte.

Die dritte Fan Huan Gong

Die physische Übung

Der Name der Übung ist: Bawang Ju Ding — Der Herrscher hebt den Dreifuß.

Wir kommen aus der zweiten Übung oder starten aus der normalen Grundhaltung mit den Füßen in schulterbreitem Abstand. Die Arme gehen nach oben, wobei die Fingerspitzen zum Himmel zeigen, die Handflächen nach vorne schauen, die Unterarme senkrecht und die Oberarme ungefähr waagrecht oder eventuell die Ellenbögen ein bisschen höher sind. Der Brustkorb ist geöffnet, sodass Arme und Kopf in etwa eine Linie bilden (von der Seite gesehen).

Dann verlagern wir das Gewicht auf den rechten Fuß und der linke macht eine Bewegung entlang eines Kreisbogens, bis er vor dem Körper ist. Durch den Kreisbogen ist er auch gestreckt bis in die Zehen. Die große Zehe berührt leicht den Boden. Synchron zu dieser Bewegung geht der rechte Arm nach unten, seitlich des Körpers. Dabei bildet er die Taiji-Faust1.

Nun geht die rechte Hand nach oben. Sie bleibt in der Fauststellung, wird leicht rechts vom Körper nach oben bewegt wobei die Faust nachgezogen wird, also lange Zeit der unterste Teil des Armes ist. Die Bewegen endet ungefähr in derselben Armstellung wie wir sie beim Beginn der Übung hatten. Gleichzeitig geht die linke Hand nach unten, bleibt dabei offen. Als drittes heben wir gleichzeitig das linke Bein, bis der Oberschenkel waagrecht ist. Die Fußspitze zeigt dabei nach unten, der ganze Unterschenkel bleibt bei der Bewegung passiv. Die beiden Hände bilden eine Achse und wir halten das Gleichgewicht, indem wir den Abstand zwischen ihnen anpassen. So verharren wir kurz.

Dann setzen wir die linke Fußspitze am Boden auf und zwar so, dass der linke Fuß gestreckt ist. Mit einer schwungvollen Bewegung heben wir sodann sowohl das linke Bein, als auch den linken Arm. Beide sind anfangs gestreckt und bewegen sich ungefähr parallel. Wenn das Bein und der Arm waagrecht sind, bleiben Oberarm und Oberschenkel in dieser Stellung und wir beugen Unterarm und Unterschenkel, bis die Gelenke je einen Winkel von ca. 90 Grad haben. Hand und Fuß folgen ebenfalls, sodass die Finger zum Himmel, die Zehen zur Erde zeigen. Die Handinnenflächen zeigen nach hinten. Es sind nun wieder beide Hände oben.

Als nächstes drehen wir den Ellbogen und das Knie der linken Seite um ca. 90 Grad nach links, wobei wir im Becken versuchen, möglichst nur das linke Hüftgelenk zu verwenden. Wir sinken leicht im rechten Knie und stellen den linken Fuß auf den Boden. Danach drehen wir die Hüfte, sodass das Becken nun nach links schaut. Gleichzeitig schieben wir es nach vorne, soweit dies geht. Dabei dreht sich der rechte Fuß am Fußballen und dann setzen wir die rechte Ferse auf den Boden. Während die rechte Hand immer noch recht über dem Kopf nach vorne geht, öffnet sie sich zur flachen Hand. Mit diesem „Nachvorneschieben“ überstrecken wir die Wirbelsäule, sodass der Kopf im Nacken liegt und nach oben schaut. Damit sind wir in einer Stellung, als wenn wir auf das schauen würden, was wir gerade hochgehoben haben: die Arme links und rechts über dem Kopf, der Blick auf den Bereich dazwischen gerichtet. So verharren wir wieder kurz. In dieser Stellung schauen die beiden Füße nach links.

Dann geht das Becken zurück, nimmt den Nacken mit. Der Blick ist wieder nach vorne gerichtet, der linke Fuß wird entlastet, die Zehen heben sich und wir können den linken Fuß so drehen, dass die Zehen wieder nach vorne schauen. Gleichzeitig dreht sich der ganze Körper, sodass nun auch die Hände wieder in der Ausgangsstellung sind. Der rechte Fuß verbleibt, wie er ist.

Nun beginnt das Ganze mit der rechten Seite. Der linke Arm geht nach unten und bildet die Taiji-Faust, der rechte Fuß bewegt sich entlang eines Kreises, bis die große Zehe vor dem Körper leicht den Boden berühren und der vorher beschriebene Ablauf beginnt für die andere Seite.

Diesen Ablauf (also links und rechts) wiederholen wir viermal.

Die energetische Übung

Ich versuche immer, die Übung mit geschlossenen Augen zu machen und das zeigt mir, wie schwierig der Umgang mit dem dritten Chakra, mit der Macht ist. Genauso verhält es sich übrigens, wenn ich mit offenen Augen bei sehr wenig Licht, also z.B. früh am Morgen vor dem Sonnenaufgang übe. Wenn ich die Hände vor das Gesicht bringe, verliere ich die Kontrolle. Ebenso ist es, wenn ich nicht völlig in der Übung bin, also wenn meine Gedanken auch nur einen Fingerbreit abschweifen. Ich habe früher Golf gespielt und bei schwierigen Abschlägen, die besonders weit gehen müssen, war das ähnlich. Wie sich da während des Schwungs ein anderer Gedanke einschleicht oder man zuviel will, ist der Ball verloren.

Auch wenn ich die Übung oft nicht in einem Zug durchziehen kann und immer wieder auf den Boden steigen muss, so ist mir alleine das, was mir die Übung am geistigen Weg immer wieder aufzeigt, wichtig genug, dass ich es immer wieder mit geschlossenen Augen versuche. Mir persönlich hilft es, wenn ich mich beim Standbein auf den Bereich zwischen Hüfte und Knie konzentriere und schaue, dass ich im Knie möglichst weich und locker bin.

Noch ein Vergleich fällt mir ein. Ich wollte einmal eine Pilotenausbildung machen und da gab es einen Test, der mir noch heute in Erinnerung ist. Wir hatten die Aufgabe, mit einem Flugsimulator in einer Spirale zu fliegen. Hinzu kam Wind, der die Sache ziemlich schwierig machte. Doch damit nicht genug. Wir sollten auch noch nebenbei Rechenaufgaben erfüllen. Obwohl uns gesagt wurde, dass jedes akustische Klicken ein Punkt war und auch die Aufgabe insgesamt nur einen Punkt brachte (wir hatten da vielleicht drei bis fünf Rechenaufgaben zu lösen), konzentrierte ich mich auf die Rechnerei, ganz einfach, weil ich es konnte. Während also da jede Menge akustische Klicks waren, die mir zeigen sollten, dass ich weit vom Kurs abgekommen war, konzentrierte ich mich auf die Rechnerei!

Wir suchen gerne dort, wo Licht ist, nicht dort, wo wir was verloren haben. Die dritte Übung beschäftigt sich mit solchen Dingen und es sind Lösungen wie diese, die sie liefert. Daher ist es in meinen Augen nicht so wichtig, dass wir die Übung in allen Details richtig ausführen. Wir sollten uns eher darauf einlassen, wo sie uns hinführt, auch wenn wir dabei ziemlich herumwackeln!

Der Abschluss sieht aus wie folgt: Nachdem wir wieder das Etwas, das wir hochgehoben haben, von unten ansehen und danach den vorderen (in diesem Fall den rechten) Fuß entlasten, dreht dieser wieder nach vorne. Vorne ist dort, wohin wir uns ganz am Anfang orientiert haben, z.B. nach Süden. Dann verlagern wir das Gewicht auf den rechten Fuß und ziehen den linken bei. Die Füße sind geschlossen. Die Hände sind während dieser Zeit oben geblieben. Wenn wir die Übung beenden, gehen sie auf Dantian, machen wir mit der vierten weiter, ist der Ablauf wie dort beschrieben.

Nachdem wir in den ersten beiden Chakren nur uns selbst gesehen haben, wird uns plötzlich bewusst, dass wir nicht alleine sind. Wir lernen hier den Umgang mit anderen, uns durchzusetzen, aber auch uns unterzuordnen. Allerdings ist im dritten Chakra noch das Prinzip „Auge um Auge“, einer gewinnt, der andere verliert. Auch wenn man die Geschichte studiert oder die Bibel liest, wird dieser Abschnitt deutlich. Die Pharaonen, die Assyrerkönige, Babylon zeigen sich im dritten Chakra.

1Bei der Taiji-Faust liegt der Daumen auf den Fingernägeln der anderen Finger. Die Faust ist offen, sodass man einen Finger der anderen Hand hineinschieben könnte.

Qigong Wirkung

Die subjektive Wahrnehmung eines Übenden

Ich habe mir lange überlegt, was Qigong bei mir eigentlich bewirkt. Es ist gar nicht so einfach, weil die Wirkung sehr subtil und wohl nur längerfristig greifbar ist. Anders als bei einem Ausdauertraining, wo die Ergebnisse wohl schnell messbar sind, geht es hier um ein umfassenderes Ziel, das Körper, Geist und Seele betrifft. Ja, auch der Körper profitiert von Qigong, auch wenn es viele Menschen gibt, die sich lieber anstrengenderen Dingen wie Sport oder auch Joga zuwenden. Qigong kann man in jedem Alter machen und die Übungen können sowohl körperlich, als auch in der Vorstellung angewendet werden.

Es gibt allerdings einige Punkte, die ich mittlerweile definitiv bestätigen kann:

Qigong kann:

Zusammengefasst würde ich sagen, Qigong vereinigt mich wieder mit der Natur. Wie oben ausgeführt, führt uns Qigong zu uns selbst zurück, nach dem Bild von C.G. Jung‘s Individuation1. Das hört sich sicher besser an als die Vereinigung mit der Natur, auch wenn es bei genauerem Hinsehen dasselbe ist. Damit drängt sich natürlich sofort die Frage auf: will ich das denn überhaupt? Keine Angst, diese Frage muss man nicht sofort beantworten. Aber sie zeigt auch auf, womit wir beim Qigong-Üben konfrontiert werden. Mit Entscheidungen. Diese Entscheidungen liegen oft nicht so klar am Tisch wie die oben gestellte Frage.

Es gibt verschiedene Wege, auf diese Entscheidungen zu stoßen, beispielsweise Psychotherapie, Familienaufstellung oder eben den körperlichen Weg. Ich will damit keineswegs behaupten, dass man diese Methoden nebeneinander stellen kann. Allerdings haben sie in Bezug auf Veränderung in uns eine ähnliche Wirkung, nur dass man entweder über die Psyche, über die nicht bewussten Teile unserer Wahrnehmung oder über die Körperarbeit zu ihnen gelangt.

Was bedeutet es nun, wenn wir zu uns selbst zurück finden wollen? Dazu möchte ich als erstes zwei Dinge festhalten, die uns von unserem eigenen Ich trennen. Das sind einerseits Zwänge, die uns unsere Umgebung auferlegt, andererseits unsere Ängste. Individuell mehr oder weniger Erlebnisse, die wir in der Vergangenheit nicht verarbeiten konnten, hat unser Körper im Bindegewebe gespeichert2 und mit Qigong werden diese Speicherungen irgendwann aufgelöst. Hinzu kommt, dass es Qigong-Übungen gibt, die speziellen Einfluss auf die Entwicklung unserer Chakren haben. Dazu möchte ich hier nur wenig sagen, auch darüber gibt es viele Bücher3.

Generell kann man sagen, dass wir der Chakrentheorie nach Aufgaben in den jeweiligen Chakren zu lösen haben. Das betroffene Chakra gibt uns dabei jeweils den Rahmen vor.

Beispielsweise entspricht die Erlösung des ersten Chakras dem Bewusstsein, dass auf dieser Welt für uns gesorgt wird, mit anderen Worten, dass wir finanziell abgesichert sind. Damit verbunden sind alle Zugehörigkeits- und Uniformierungszwänge, die sich oft erst dann in Luft auflösen, wenn wir uns von einer Zugehörigkeit nichts mehr erwarten.

Das zweite Chakra hat etwas mit der Entwicklung des Selbst zu tun und ist wohl erst dann überwunden, wenn wir wieder in der Lage sind, in sozialen Strukturen mitzuarbeiten. Die Mitarbeit ist dann aber eine andere als im ersten Chakra, auch wenn es oft nicht so einfach zu trennen ist.

Im dritten Chakra geht es dann um Macht und letztlich auch um die Erfüllung unserer irdischen Wünsche, um Besitz und Status. Es ist überwunden, wenn die irdischen Wünsche nicht mehr so wichtig sind.

Wenn man nun Übungen macht, die auf die Chakren wirken, so verändert das die Dinge. Zwangsläufig konfrontiert uns das dann auch mit den jeweiligen Ängsten. Erst wenn man sich bewusst ist, dass man Angst vor dem Alleinsein hat, kann man dagegen was tun. Vorher äußert sich diese Angst mannigfaltig und versteckt sich hinter mehr oder wenig intelligenten Ausreden.

Qigong kann nur dann seine Wirkung voll entfalten, wenn man möglichst jeden Tag übt. Die Übung sollte nicht durch externe Einflüsse gestört werden. Dies heißt, man sollte in einer gewohnten Umgebung üben. Diese Umgebung sollte nach Möglichkeit so aufgeräumt und sauber sein, dass man während des Übens nicht abgelenkt wird.

Die Dauer der Übung wird mit zunehmendem Üben im Normalfall zunehmen. An stressigen Tagen bleiben vielleicht nur wenige Minuten, an ruhigen wird es dafür umso mehr. Die Übung sollte stets auch einen Meditationsteil beinhalten.

Ich habe bei meinen Qigong-Kursen immer wieder erlebt, dass die Übenden zu sehr verunsichert sind und wegen allen möglichen Details nachfragen. Darum hier der Hinweis. Es geht weniger um die exakte Ausführung als um das Üben per se. Diese Unsicherheit ist als ein Hemmnis zu werten, das eigentlich nur eines bewirken soll: keine Veränderung des Status Quo.

Auch das Üben in der Gruppe oder das Auftreten von Effekten sollte man nicht überbewerten. Die Gruppe mag anfangs helfen, den inneren Schweinehund zu überwinden. Doch meist trifft sie sich nur einmal pro Woche und das ist für eine regelmäßige Qigong-Anwendung viel zu wenig. Das Auftreten von Effekten wie ein warmes Gefühl oder auch ein Kribbeln oder Stechen sollte nicht überbewertet werden. Unsere Lehrer meinten, es zeigt das Auflösen eines Staus an. Wenn man also nichts Besonderes spürt, so heißt das lediglich, dass es keinen Stau aufzulösen gibt.

Ein wesentlicher Teil einer Qigong-Übung sollte auch der Meditation gewidmet sein. Anfangs ist es schwierig, die Körperhaltung einzunehmen und man ist nur damit beschäftigt, den Lotussitz auszuhalten. Es dauert eine Weile, bis man in der Lage ist, diesen frei von Hilfsmitteln am ebenen Fußboden bzw. einem daraufliegenden Teppich auszuhalten. Selbst wenn man die Beine dann in die richtige Position bringt, kippt man sehr schnell nach hinten und verkrampft. Durch beständiges Üben wird das aber immer besser und je weiter der Körper trainiert ist, desto länger wird dann die Zeit, die man in der Meditationshaltung verweilen kann. Doch deshalb meditiert man noch nicht. Das Ziel ist, den Kopf frei von Gedanken zu bekommen, an nichts denken zu müssen, Zeit für sich zu haben. Es dauert eine Weile, bis das unser Verstand zulässt. Anfangs fühlt er sich bemüßigt, uns zu unterhalten, bringt andauernd Neues, worüber wir nachdenken sollten oder Argumente dafür, dass wir ohnedies schon viel zu lange sitzen. Doch es wird mit jedem Tag ein bisschen besser und die wesentliche Wirkung, die sich schnell einstellt: man wird gelassener.

Die Wirkung von Qigong auf die Organe

Die FHG wirken nicht auf die Organe oder die Meridiane, sondern auf die Chakren. Darum helfen sie auch nicht direkt bei Erkrankungen.

Generell kann man sagen, dass Probleme im Qifluss durch Qigong behoben werden können, Qigong die Selbstheilungskräfte verbessert. Ich habe in meiner eigenen Vergangenheit auch erlebt, dass ich eine Schleimbildung aufgelöst habe, wobei wohl auch die Ernährung einen wichtigen Beitrag lieferte.

In Bezug auf die Organe kann man folgendes sagen:

Qigong verbessert den Qifluss, dadurch die Durchblutung und unterstützt damit die Leber. Es klärt die Emotionen und befreit damit (zumindest für einige Zeit) das Herz. Das untere Dantian ist dort, wo der Dünndarm sitzt. Dieser wird damit auch erwärmt und in seiner Fähigkeit, Entscheidungen aufzubereiten, unterstützt.

Qigong strukturiert die Atmung und unterstützt damit die Lunge und auch den Dickdarm, der sich damit leichter von alten, verbrauchten Stoffen trennt. Für die Niere gibt es spezielle Übungen wie das nierenstärkende Tun oder Xi-Xi-Ho und die Milz als Teil des Funktionskreises Erde wird unterstützt, weil uns Qigong erdet und zentriert.

Insgesamt folgt das Qi der Aufmerksamkeit und das Blut dem Qi. Das bedeutet, dass man mit Qigong die Durchblutung bestimmter Bereiche, auf die man sich konzentriert, verbessern kann. Eine ähnliche Wirkung hat übrigens auch die Akupunktur.

1Jung a.a.O.

2Siehe Wenzel/Herwegh, Seite 208ff

3Siehe beispielsweise Davies. Es gibt auch gute Yogabücher, die hier Hintergrundinformationen liefern.

Qigong und die TCM, wie passt das zusammen?

An dieser Stelle möchte ich einen tieferen Einblick in die TCM geben um zu zeigen, wie und warum Qigong wirkt. Für mehr Details verweise ich auf die entsprechende Fachliteratur.

Dantian und Mingmen

Ist Dantian die Gebärmutter und damit Teil vom Chongmai? Am LW, wo Mingmen sitzt, ist der Dünndarm angebunden. Mingmen ist auch ein Teil vom ministeriellen Feuer, das über die Gallenblase zum Perikard aufsteigt. Sind das die 3 Brenner des 3E? Ist Mingmen eigentlich ein Teil des Dünndarms und damit eine Verbindung zwischen Niere und Herz? Oder überhaupt nur Dünndarm und der Ursprung des Feuers eigentlich dort? Würde ja Sinn machen!

Im Qigong wärmen wir Mingmen bzw. das untere Dantian. Wenn dies bedeutet, dass wir den Dünndarm wärmen, so hilft uns dies, die guten von den schlechten Dingen zu trennen und zu richtigen Entscheidungen zu kommen.


Dantian nach Wenzel[1] (Siehe Seite 226)

Ich komme zu dem Schluss, dass das untere Dantian der Dünndarm ist. Wenn man die Darstellung von Rauch zum Dünndarm mit der von Wenzel zu Dantian vergleicht, so fällt sofort die Ähnlichkeit auf.


Darstellung des Dünndarms (Rauch[1], Seite 19)

Maciocia berichtet von Forschungen, denen zufolge im Dünndarm ungefähr genauso viele Gehirnzellen sitzen wie im Gehirn, was ja unser oberes Dantian ist1. Können wir diese Zellen auch trainieren wie unser Gehirn? Sind wir damit mit unserer Umwelt verbunden?

Das mittlere Danitan ist Tanzhong und wird wohl das Mehr des Qis sein. Das ist die Lunge. Oder aber es ist der Mittelpunkt zwischen den beiden anderen Dantians. Beide sind dem Element Feuer zugeordnet (Unser Gehirn gehört zum Herzen, allerdings das Gedächtnis zu Milz und Niere, das Mark zur Niere). und es macht Sinn, dass auch das mittlere Dantian Feuer ist, also unser Herz.

Die 8 außerordentlichen Gefäße

Um den Rahmen dieses Buches nicht zu sprengen, wird zu diesem Thema hier nur ein Überblick gegeben. Für ein tiefergehendes Verständnis möchte ich hier auf die Fachliteratur verweisen.2

Jeder kennt die Meridiane. Davon haben wir 12 und diese sind nicht nur jeweils einem Organ zugeordnet, sondern sie treten auch immer paarweise auf, das heißt ein Meridian durchläuft den linken Arm oder das linke Bein und der andere verläuft spiegelbildlich auf der rechten Seite. Die Meridiane haben einen direkten Organbezug und man benutzt sie, um Diagnosen oder Behandlungen auf diese Weise organbezogen durchzuführen.

Mit den Gefäßen ist das anders. Hier sind nicht alle doppelt, also symmetrisch zur Mittellinie vorhanden. Im Wesentlichen stellen die Gefäße eine Art Ausgleichssystem zu den Meridianen dar. So gibt es je ein Gefäß für die Sammlung von YANG (und damit den Ausgleich von YANG über alle YANG-Meridiane) und ebenso eines für YIN. Ein anderes Gefäß ist für den Ausgleich zwischen oben und unten und eines für den Ausgleich zwischen links und rechts zuständig, wobei es hier jeweils eines für YIN-Ausgleich und eines für YANG-Ausgleich gibt. Wieder ein anderes ist für den Ausgleich des Blutes zuständig und spielt daher vor allem bei Frauen eine große Rolle, da diese im Zuge der Menstruation ein bewegtes Blutleben haben, das über dieses eine Gefäß abgewickelt wird.

Diese Gefäße sind also wichtig für unseren Energiehaushalt, auch wenn nur die Ausgleichsgefäße für YIN und YANG direkte eigene Akupunkturpunkte haben, während die anderen über jene Punkte angesprochen werden, an denen sie die Meridiane kreuzen.

Hinzu kommt, dass jedes Gefäß einen Punkt hat, an dem es aktiviert wird. Diese Punkte finden natürlich im Zuge der Akupunkturbehandlung, aber auch im Zuge von Anmo oder Akupressur ihre wichtige Anwendung.

Für den Qigong-Übenden ist an dieser Stelle von Bedeutung, dass er durch richtiges Üben nicht nur die Meridiane, sondern auch die Gefäße durchgängiger macht und damit für einen reibungslosen Energiefluss sorgt. In Bezug auf die Gefäße bedeutet dies allgemein gesprochen, dass man mehr in seine Mitte kommt, also Ungleichgewichte ausgleicht und auf schwierige Situationen des Lebens besser reagieren kann, weil beispielsweise die hochschießende Leberenergie im Falle von Wut oder Zorn auch wieder leichter vom Kopf weg kommt und somit keine oder nur kurzzeitige Kopfschmerzen erzeugt.

Die vier Meere

Neben den Meridianen, die als „Flüsse“ betrachtet werden und den Gefäßen, die so etwas wie Kanäle sind, gibt es in der TCM auch die vier Meere, wo diese Flüsse sozusagen münden. Außerdem sind diese Meere auch eine Konzentration des jeweiligen Mediums.

Das oberste Meer ist das „Meer des Marks“, was in der westlichen Terminologie als Gehirn bezeichnet wird. Das Mark gehört zur Niere und das Meer des Marks somit auch, allerdings wird es vom Shen, unserem Geist, im Wesentlichen unsere Aufmerksamkeit, bewohnt.

Das nächste Meer ist das Meer des Qi, das in unserem Brustkorb sitzt. Hier bezieht sich das auf die Lunge, die unser Qi beherbergt und wo aus dem Nahrungsextrakt der Milz gemeinsam mit der Atemluft das erzeugt wird, was die Chinesen Qi nennen, also die Lebenskraft.

Das nächste Meer ist das Meer der Nahrung. Dies entspricht unserem Magen, der für die Nahrungs- und Flüssigkeitsaufnahme verantwortlich ist.

Darunter kommt dann das Meer des Blutes, das einem der Gefäße entspricht (dem „Chong Mai“) und sein Zentrum unterhalb des Nabels hat.

Bis auf das Meer der Nahrung entsprechen die anderen Meere auch den Dantians3, nämlich dem oberen (Meer des Marks), dem mittleren (Meer des Qi) und dem unteren (Meer des Bluts), die innerhalb des Qigongs als Punkte, auf die man innerhalb der Übungen seine Konzentration richtet.

Speicherplätze

Neuere Forschungen haben ergeben, dass wenn wir emotional etwas nicht verarbeiten können, der Körper dies im Bindegewebe speichert, um uns zu einer späteren Zeit die Gelegenheit zur Verarbeitung zu geben. Dies zeigt schon auf, dass wir gewisse Erfahrungen zur Gesundung brauchen, auch wenn sie vielleicht nicht immer zur richtigen Zeit kommen.

Diese Speicherungen können uns nun daran hindern, uns richtig zu bewegen oder auch eine aufrechte Haltung einzunehmen. Mit Hilfe von Qigong kann man diese Speicherplätze bearbeiten und durch beständiges Üben werden sie auch aufgelöst. Dies hat einen gesundheitlichen Aspekt, da die Speicherplätze den freien Energiefluss behindern, aber auch einen spirituellen Aspekt, da uns die Auflösung einer früheren Emotion auf unserem Weg der Reifung weiterbringt. Beides kann durch die beständige Anwendung von Qigong erreicht werden, wodurch Qigong auch ein wesentliches Mittel zur Reifung der Persönlichkeit oder zur Individuation4 wird.

Die esoterische Komponente: Dantian und Chakren

Während die Chinesen von drei Energiezentren reden, sprechen die Inder von mindestens sieben. Es fällt auf, dass die chinesischen Energiespeicher (Dantians) an Orten zu finden sind, wo auch Chakren sind. Ist es dasselbe? Oder ist es vielleicht jeweils nur ein Aspekt der Chakren, den eben nur diese drei haben?

Jedenfalls haben wir das untere Dantian in der Höhe des 2. Chakras. Dabei ist Mingmen wohl genau dort, wo das 2. Chakra ist, das Dantian wird eher im Bauch weiter vorne verortet. Handelt es sich da um den Dünndarm? Mingmen wird auch als das ministerielle Feuer bezeichnet.

Das mittlere Dantian liegt im Brustkorb, dort wo das 4. Chakra sitzt. Dort ist auch das Meer des Qis, also die Lunge, während das 4. Chakra an der Wirbelsäule sitzt. Im Brustkorb befindet sich auch das Herz, das als herrschaftliches Feuer bezeichnet wird.

Das obere Dantian ist zwischen den Augen, dort, wo wir unser drittes Auge haben sollen. Dort ist auch der Sitz des 6. Chakras, irgendwo zwischen verlängertem Rückenmark und dem Drittauge. In der TCM wird das Gehirn auch als das Meer des Marks bezeichnet.

Wenzel/Herwegh erwähnen auch eine Passstruktur5. Demnach ist es eine Entwicklung des Charakters, wenn wir uns von den niederen Chakren zu den höheren begeben. Auch die Baghavad Gita6 spricht davon, dass die unteren drei Chakren keinen Einfluss auf unser Leben haben dürfen, wenn wir Erlösung finden wollen.

Nach Wenzel/Herwegh gibt es jeweils einen Pass, den wir überwinden müssen, um in ein Dantian zu kommen. Das ist zuerst einmal der weiße Ring, eine Energiestruktur im Beckenbereich. Dieser weiße Ring sichert uns das Überleben und macht uns damit unabhängig von Zwängen aus dem ersten Chakra. Wenn wir ihn überwinden, gelangen wir zur Individualität, ins zweite Chakra.

Um in das vierte Chakra zu gelangen, müssen wir den Weiguan überwinden. Das ist ein Pass in der Höhe des Zwerchfells. Man könnte diesen Pass mit der Überwindung des Egos beschreiben, also damit, dass man die unteren drei Chakren (weitgehend) erlöst hat und sich ab sofort höheren Dingen zuwenden kann und die Erfüllung der eigenen Bedürfnisse in den Hintergrund tritt. Zwänge, Wollen/Nicht wollen oder Wünsche hören auf, sich ständig in den Vordergrund zu drängen und man wird mehr zum Beobachter, kommt ins Sein und Sein ist Zufriedenheit.

Der Übergang ins sechste Chakra oder ins obere Dantian kann nur erfolgen, wenn man den Pass des Schweigens überwindet. Plötzlich sind dann Worte unwichtig und man wird mehr und mehr eins mit der Natur (oder mit Gott).

Dies alles ist der ideale Weg, den man durch beharrliches Üben von Qigong erreichen sollte. Man erreicht eine Anpassung an das Leben anstatt andauernd anzuecken und Probleme zu erzeugen, schwimmt mit dem Strom anstatt dagegen. Man lernt, dass die Zufriedenheit wichtiger ist als ein neues Auto oder ein Yacht und kann immer mehr über andere lächeln, die noch verzweifelt Status, Geld und Macht nachjagen und dabei den eigenen Körper zerstören.

Die Entstehung der Welt

Was hat das mit Qigong zu tun? Nun, es gibt viele Mutmaßungen, woher es kommt, wie es entstand und was es bewirkt und vielleicht helfen diese Überlegungen ein bisschen beim Einordnen.

Vor etwa 10.000 Jahren entwickelte die Menschheit im Osten des Mittelmeers7 Ackerbau und Viehzicht. Bis dahin beschäftigten sich die Menschen mit dem Jagen und Sammeln. Energetisch ist das eine Entwicklung heraus aus dem ersten Chakra, wo es nur um das nackte Überleben ging, hin zu planerischem Handeln und zur Bevorratung. Es dauerte bis ca. 5000 vor Christi, bis der gesamte Mittelmeerraum diese Lebensform übernahm. Sie war der vorigen deutlich überlegen. Die Menschen lebten in kleineren Siedlungen und waren wohl hauptsächlich auf sich selbst gestellt, legten die Vorräte für sich und ihre Familie an und die Gruppe diente wohl hauptsächlich dem Schutz vor Feinden und Raubtieren. Im 4. Jahrtausend vor Christi entstanden dann zwei Reiche, die plötzlich einen ganz anderen Aspekt einbrachten. Am Nil, aber auch im Zweistromland entstanden die ersten Dynastien, wo plötzlich hunderttausende Menschen sich einer Macht unterordneten. Besitz führte offenbar zu Macht, energetisch sind wir damit im dritten Chakra. Gerhard Wenzel behauptet, die Fan Huan Gong haben ihren Ursprung in dieser Zeit im Zweistromland. Eine Erklärung könnte sein, dass die neugierigen Babylonier herausfanden, dass sich bei den Besitzenden Krankheiten entwickelten, die die sicher noch vereinzelt übriggebliebenen Jäger und Sammler nicht hatten. Schließlich haben die Assyrer dann ja auch die Juden nach Babylon verschleppt. Vielleicht wollten sie ja auch nur sehen, ob sie ihr allmächtiger Gott wirklich befreit.

Und wenn man das so betrachtet, dann bin ich mir nicht sicher, ob ein „zurück zu mir selbst“ nicht (zumindest für manche unter uns) eine Stärkung des Egos bedeutet und das sollte eigentlich nicht das Ergebnis sein, zumindest nicht das Endergebnis.

1Vgl. Maciocia[3], Seite 108

2Siehe Maciocia[2], Seite 839ff

3Siehe Dantian und Mingmen weiter oben

4Zur Individuation siehe Jung, Seite 67ff

5Siehe Wenzel[1], Kapitel 7

6Siehe Yogananda[1]

7 und hier betrachte ich nur diesen Raum, aber ich denke, er reicht als Modell für das, worauf ich hinauswill

Qigong und Emotionen

Hier sollte an erster Stelle der Begriff „Emotion“ definiert werden. Ich möchte dies für den weiteren Gebrauch als „Einfluss des Gefühlslebens auf unsere Handlungen und unser Denken“ definieren.

Diese Definition hört sich vielleicht etwas sperrig an, aber was macht man damit, wenn es heißt, wir sollten unsere Wut zügeln? Ich erlebe es immer wieder, dass da in mir etwas ist, was einfach passiert. Oft merkt man auch erst spät danach, dass die Reaktion nicht wirklich angemessen war, wenn man sich das überhaupt eingesteht.

Umgekehrt betrachtet könnte man vielleicht sagen, es gibt einen „idealen Weg“, der aus dem rationalen Verhalten heraus bestimmt werden könnte. Niemand kann diesen Weg gehen, jeder hat seine irrationalen Verhaltensweisen und alleine die Definition dieses Wegs ist schon schwierig. Irrationales ist dabei keineswegs negativ. Wieso sollte man nicht einen Umweg machen, wenn man dabei ein schönes Erlebnis hat? Der Weg des Lebens ist keine Gerade und schon alleine deshalb voller Überraschungen.

Dennoch werden die Leser mit mir übereinstimmen, dass es Emotionen gibt, die uns schaden, wenn wir ihnen nachgeben, sei es ein Übermaß an Faulheit (zu viel Freude an etwas) oder auch zu viel Angst. Und viele der Leser werden sich vielleicht außer Stande sehen, diesen Zwängen zu entkommen. Aber genau dabei hilft Qigong. Dies erfolgt nicht in einem großen Schritt, einem deutlichen „Aha-Erlebnis“, sondern langsam und kontinuierlich. Wir werden in die Lage versetzt, wieder etwas zu wagen, uns Ziele zu setzen, deren Erreichbarkeit wir vorher schon belächelt haben. Die Stärkung der Nieren gibt uns wieder Mut, über Zäune zu steigen, Grenzen zu überwinden. Wir bekommen wieder den Glauben an Dinge, die wir schon vor langer Zeit aufgegeben haben. Wir kommen in die Lage, unserer Wut zuzusehen, wie ein externer Beobachter. Wir spüren, wie sie aufsteigt, erkennen die Knöpfe, die da gedrückt wurden, die Auslöser, die die Reaktion hervorriefen. Wir sind vielleicht bald in der Lage, den Ausbruch in eine andere Richtung zu leiten, anstatt loszuschreien besonnen zu reagieren, die Wirkung unserer Reaktion zu vergrößern. Wir sind in solchen Situationen plötzlich nicht mehr hilflos, sondern in der Lage, den Auslöser abzuschwächen, vielleicht sogar irgendwann abzustellen. Wir können plötzlich etwas gegen unsere Einsamkeit tun, sind wieder in der Lage, auf andere Menschen zuzugehen und stellen fest, dass die gar nicht so feindlich und abweisend sind, wie wir immer glaubten. Und wir gewinnen wieder Vertrauen in unsere Umgebung, je mehr wir unsere Mitte festigen und uns erden.

Das alles kann Qigong bewirken, indem es die Energie wieder ins Fließen bringt und damit den einzelnen Organen wieder die notwendige Energie gibt. Nur das Fehlen von Energie – oder auch ein Zuviel davon – führt zu unangemessenen Emotionen und das Ergebnis von regelmäßigem Üben ist der Ausgleich dieser Defizite oder Überschüsse.

Krankmachende Faktoren

Eines vorweg: wir reden hier nicht von Unfällen, sondern von Krankheit im engeren Sinn. Dabei definieren wir Krankheit bereits als ein Gefühl des Unwohlseins, ein sich nicht in der eigenen Mitte befinden. Manchmal wird es einem gar nicht einmal selbst bewusst, dass etwas nicht stimmt. Man hat halt mehr Hitzen als andere, bekommt feuchte Augen, wenn es draußen kalt ist oder geht erst weit nach Mitternacht schlafen. Im Sinne der TCM sind dies bereits Symptome, die auf eine Fülle oder einen Mangel hindeuten und Teil der Landkarte, die von einem TCM-Mediziner als Diagnose erstellt werden. Manches mag durch das letzte Abendessen oder ein stressiges Projekt in der Arbeit bestimmt sein, manches wird aber auch einfach als Symptom des Älterwerdens oder als „nicht so wichtig“ abgetan.

Ob man sich krank fühlt oder nicht, ob man in seinem Leben durch fehlendes Funktionieren des Körpers immer mehr eingeschränkt ist und ob einen das letztlich auch stört, muss jeder von uns selbst bestimmen. Doch aus meiner Erfahrung gibt es zwischen dem, was die westliche Medizin als krank definiert und dem, wo die Abweichung von Gesundheit aus Sicht der TCM beginnt, eine ziemliche Lücke. Diese versucht man mit Vorsorgeuntersuchungen zu schließen, doch diese Vorsorgeuntersuchungen nehmen die Definition und Entscheidung, ob man krank ist oder nicht, vom Patienten und übergeben diese Messergebnissen von Diagnosegeräten. Etwas ketzerisch ausgedrückt: wer weiß schon, ob ein Tumor sich nicht auch bei richtiger Lebensweise von alleine wieder zurückgebildet oder nie eine schädliche Wirkung entwickelt hätte, wenn man ihn nicht entfernt hätte1 – und stattdessen nur die Ernährung geändert hätte. Wiederum möchte ich hier nicht an den vielen Fortschritten der Medizin zweifeln, aber macht es wirklich Sinn, sich der Tortur von Chemotherapie und Bestrahlung auszusetzen, wenn man sich vorher gar nicht krank gefühlt hat?

Natürlich gibt es andererseits auch den Faktor, dass man gewisse Dinge im Leben einfach nicht wahrhaben will und einen der Körper dann bremst. Oft passiert dies durch Probleme mit dem Herz oder auch mit dem Kreuz oder einem Knie. Aber wer schon einmal die Wirkung der Krebsbehandlung gesehen hat, dem können schon Zweifel an „Früherkennung“ kommen.

Aus Sicht der TCM gibt es die folgenden Faktoren, die Einfluss auf die Gesundheit haben:

Erbsubstanz, Lebensweise, Ernährung, Emotionen, klimatische Faktoren

Maciocia sieht aus seiner Praxiserfahrung den Zusammenhang so2:

Lebens-abschnittzeitl. EinstufungErb-substanzLebens-weiseErnährungEmotionenklimatische Faktoren
KindheitBis Pubertätx
x
x
Heran-wachsenBis 20x
xxx
Junger Erwach-senerBis 40
xxx
Mittleres AlterBis 60
xxx
AlterAb 60Meist keine neuen Ursachen

Abbildung 12: Krankheitsursachen nach Maciocia

Auf diese Faktoren möchte ich in der Folge genauer eingehen.

Erbsubstanz

Innerhalb der TCM wird zwischen der Essenz des frühen Himmels und der Essenz des späten Himmels unterschieden. Die Erbsubstanz ist ein Teil der Essenz des frühen Himmels und hat natürlich Auswirkungen auf unsere Gesundheit, auch aus Sicht der TCM. Sie bestimmt unsere maximale Körpergröße, ist verantwortlich für Funktionsstörungen, die bereits mit der Geburt bestehen und begleitet uns ein Leben lang. Allerdings liefert Campbell eindeutige Beweise, dass Gene „eingeschaltet“ werden müssen, um aktiv zu werden. Dieses Aktivieren erfolgt durch unsere Interaktion mit der Umwelt, beispielsweise durch die Einnahme von falscher Nahrung.

Lebensweise

Die Lebensweise beeinflusst unsere Gesundheit, auch aus westlicher Sicht. Aus chinesischer Sicht lässt es sich beispielsweise mit der YIN-/YANG-Theorie beschreiben. Ein Übermaß an YANG (Stress) ist über längere Zeit ebenso schädlich wie ein Übermaß an YIN (beispielsweise Faulheit). Umweltgifte sind unter den äußeren pathogenen Faktoren zu finden (siehe weiter unten).

Ernährung

So wie die chinesischen Kräuter wird auch jedem Nahrungsmittel eine Wirkung zugeschrieben. In China wird damit auch auf die einzelnen Organe eingewirkt, beispielsweise mit der aktivierenden Wirkung von Kaffee, der auf das Herz wirkt. Ebenso kennt man bei uns vielleicht noch die Wirkung von Saurem, das angeblich lustig macht. Im Sinne der TCM wirkt sauer auf die Leber und diese unterstützt das Herz, das sich dann leichter freuen kann.

Im Gegensatz zu Kräutern ist die Wirkung von Lebensmittel wesentlich schwächer und damit auch für den Laien gefahrlos anwendbar. Jedes Lebensmittel hat ja nicht nur eine meist geschmacklich zuordenbare Wirkung auf bestimmte Organe (scharf befreit die Lunge und den Dickdarm), sondern auch eine energetische. Vor allem dieser zweite Aspekt regelt nun, ob wir ein Organ stärken bzw. tonisieren oder beruhigen bzw. sedieren wollen. Dazu gibt es innerhalb jeder Geschmacksrichtung ebenfalls unterschiedliche Zuordnungen. Als Beispiel bleiben wir im Bereich des Sauren. Da würde beispielsweise Essig tonisieren und Tomaten sedieren. Durch eine entsprechende Zubereitung kann hier ebenfalls noch Einfluss genommen werden. Grillen verändert stark in Richtung tonisieren, roh oder kalt wirkt eher sedierend.

Emotionen

Innerhalb der Fünf-Elemente-Lehre wird jedem Organ auch eine Emotion zugeordnet. Damit wird die Seele in die ganzheitliche Betrachtung mit einbezogen. Auch der Geist findet seine Zuordnung. Beides siehe in der nachstehenden Tabelle.

OrganeElementEmotionGeist
Leber, GallenblaseHolzWut, ZornDie Geistseele HUN
Herz, DünndarmFeuerFreudeDer Geist SHEN
Milz, MagenErdeGrübelnDer Intellekt
Lunge, DickdarmMetallTrauerDie Körperseele Po
Niere, BlaseWasserAngstDer Wille

Abbildung 13: Emotionen und Bestandteile des Geistes in den fünf Elementen

Die in der Tabelle aus Abbildung 13 genannten Emotionen schädigen im Übermaß das Element und damit auch die zugeordneten Organe. Wir alle wissen, dass sich Wut auf die Leber und/oder auf die Galle schlägt. Die Trauer belastet Lunge und Dickdarm und wenn wir sehr große Angst haben, dann machen wir uns in die Hose (die beiden unteren Öffnungen werden von der Niere kontrolliert) oder werden über Nacht grau (auch die Haarfarbe wird von den Nieren bestimmt.

Die Freude ist etwas spezieller. Ein Zuviel ist hier schwer vorstellbar, jedoch verlangsamt die Freude das Qi und man könnte sagen, dass ein Verharren in einem freudvollen Zustand schlecht ist für unsere Weiterentwicklung. Auch ist ein Zuviel an Spaß, an externen Unterhaltungsfaktoren auf längere Zeit schlecht für unser Herz.

Von den fünf Geistern sind die HUN und die PO aus chinesischer Sicht unsere beiden Seelen. Die HUN ist jener Teil von uns, der nach unserem Tod den Körper wieder verlässt, während die PO mit dem Körper stirbt. Der Shen entspricht unserer Ausstrahlung und ist der kommunikative Teil von uns, während der Intellekt weitgehend unserem Verstand entspricht. Ich denke, der Wille, der den Nieren zugeordnete Teil ist soweit klar verständlich. Schwache Nieren machen uns wankelmütig. Es fehlt die Unterstützung für die Gallenblase, die Entscheidungen treffen muss.

Äußere pathogene Faktoren

Die äußeren pathogenen Faktoren enthalten auch die klimatischen Bedingungen. Diese spielen in unserer Zeit, wo wir in unseren Lebensräumen de facto ein eigenes, angepasstes Klima haben immer weniger Rolle. In Zeiten, wo die Menschen noch in Zelten oder Hütten über den Winter kommen mussten, waren Faktoren wie Kälte oder auch Feuchtigkeit eine wesentlich ernstere Bedrohung für die Gesundheit.

Aber auch Umweltgifte können „über den Wind“ und die Haut eindringen und Schaden verursachen.

Ein weiterer Faktor ist der Schleim. Wenn man sich den Sinn des Schleims betrachtet, so dient er der verletzungsfreien Reinigung der Lunge und der Atemwege. Dazu braucht es einen gesunden Schlaf in der Horizontalen, damit die Lunge sich leicht der Schadstoffe entledigen kann. Schleim kann aufgrund der Beschaffenheit der Schleimhäute vorwiegend in Richtung Mund befördert werden.

Wichtig in diesem Zusammenhang ist auch der Umstand, dass Schleim verschiedene Aggregatszustände hat. Mit zunehmender Wärme wird er flüssiger. Dies ist der Grund, warum warme Flüssigkeit schleimlösend wirkt. Auch Schärfe hilft, weil sie generell Hitze produziert. Umgekehrt ist Kälte schädlich, weil es den Schleim „gefriert“. Auch Milchprodukte wie Käse oder Joghurt wirken kontraproduktiv. So wie sie gut gegen Schärfe sind, verstärken sie auch die Verschleimung, weil sie schützend die Haut benetzen.

Schleim ist also per se nichts Schlechtes, wird es erst im Übermaß, wenn er aus den Nebenhöhlen nicht mehr weggeht und die Öffnungen im Kopf verstopft.

1Mehr dazu siehe bei Campbell, ab Seite 45

2Siehe Maciocia[1], Seite 372ff

Sport aus Sicht des Qigong

Wie ist es nun? Macht Sport gesund? Leistungssport offensichtlich nicht und es gibt genügend Beispiele von Hobbysportlern, die beispielsweise ihre Laufaktivitäten einschränken mussten, weil sie Probleme mit den Knien bekamen. Haben sie es nur übertrieben? Oder war es einfach die falsche Sportart?

Es ist unbestritten, dass die kurzfristige Leistungssteigerung von Herz/Kreislauf durch die sportliche Belastung zu einem „Reinigungseffekt“ führt. So wie man mit Pressluft Schmutz beseitigt, führt der erhöhte Blutdruck zu einem Reinigen von Aterien, Kapillaren und Venen. Dies ist dadurch messbar, dass sich nach regelmäßger, sportlicher Aktivität Blutdruck und Herzfrequenz in Ruhelage senken.

Ein langjähriger Freund ist im letzten Jahr an Diabetes erkrankt. Er hat mir zuletzt erklärt, dass er sich nun endlich bewegt, er oft schwimmen geht, um die Krankheit klein zu halten. Lange Jahre habe ich vergeblich auf ihn eingeredet und er hätte sich vielleicht durch mehr Bewegung den Ausbruch erspart. Heute habe ich mit ihm telefoniert und er liegt mit Grippe im Bett. Hoffentlich ist das nicht das Ende des regelmäßigen Sports. Zu gesunder Ernährung konnte ich ihn noch nicht motivieren. Das Erkrankungsrisiko – beispielsweise durch feuchte Haare nach dem Hallenbad im kalten Auto – ist mit der richtigen Ernährung sicher geringer. Hinzu kommt, dass eine gesunde Milz auch die Lunge und die Nieren fördert, die für unsere Immunabwehr zuständig sind. Umgekehrt ist Diabetes ein Zeichen für eine kranke Milz, gehört doch die Bauchspeicheldrüse nach der TCM in den Einfluss der Milz.

Campbell bringt das Beispiel von Ratten1, die bei veganer Ernährung doppelt soviel in ihrem Laufrad liefen als jene, die mit tierischem Eiweiß gefüttert wurden. Aber haben wir da nicht den Beweis für eine Umkehr? Ist es nicht so, dass ein gesunder, mit Energieüberfluss ausgestatteter Körper nach Bewegung drängt, um diese wieder loszuwerden? Sollte es nicht so sein, dass wir uns zuerst gesund ernähren und wir dann sozusagen gern Sport treiben anstatt uns dazu zu zwingen in der Hoffnung, dadurch wieder gesund zu werden (Alleine das Fehlen der Energie ist ein Zeichen dafür, dass etwas nicht stimmt).

Wenn ich an meine Qigong-Lehrer denke, so haben die vor allem eines: einen sehr, sehr großen Brustkorb. Sie haben sich durch das tägliche Üben so entwickelt, dass sie sehr, sehr viel himmlisches Qi aus der Atemluft gewinnen können. Sportler legen mehr Wert auf Ausdauer oder Kraft. In China sagt man, dass die Kraft in den Sehnen liegt, nicht in den Muskeln.

Nach neun Monaten großteils veganer Ernährung spüre ich schön langsam deutliche Verbesserungen. Ich habe mich in dieser Zeit bewegt, täglich Qigong geübt und war im Sommer wohl ungefähr zweimal pro Woche laufen, jeweils zwischen 30 und 45 Minuten, manchmal auch eine Stunde. Im Winter hab ich nichts gemacht. Nach der TCM sollte man da das YANG ins Innere bringen und eher meditieren. Dennoch war ich nach den zwei Tagen Skifahren, die auch noch durch vorher und nachher je eine Stunde Langlaufen gerahmt wurden, in keiner Weise durch Muskelkater oder sonstiges beeinträchtigt. Mir ging dabei auch nicht die Kraft aus und ich fühlte mich körperlich sehr fit. In den letzten Wochen hatte ich aber das steigende Bedürfnis nach Bewegung, und wenn es nur ein durch die Stadt streifen für ein bis zwei Stunden war.

Ich komme nun zu dem Schluss, dass sich ein gesunder, richtig ernährter Körper gern bewegt und alleine die Frage „sollte ich wieder (mehr) Sport betreiben“ ein Indiz dafür ist, dass wir zu wenig Energie über die Nahrung aufnehmen, die wir auch verwerten können. Wenn wir uns so verhalten und auf unseren Körper hören, können wir auch zwanglos mit Schmerzen umgehen. So können dann auch Knieschmerzen durch das Laufen vergehen, wenn man es zulässt. Und an dieser Stelle vielleicht eines plakativ:

Tierische Eiweiße machen fett und träge, pflanzliche wollen nicht gespeichert, sondern in Wärme umgewandelt werden.2

In der Baghavad Gita werden pflanzliche Lebensmittel, aber auch Milchprodukte als erhebend bezeichnet, während Fleisch träge machen soll3.

Zusammenfassend kann man sagen, dass wir unseren Körper, unser Blut mit der täglichen Nahrung verschmutzen und Sport zumindest die ärgsten Auswirkungen klein hält, indem es den Grundumsatz erhöht und unsere Körperfunktionen aufrecht erhält. Allerdings gleichen wir damit nur aus, was die Ernährung an Schaden anrichtet und viele geben irgendwann wieder auf, regelmäßig Sport zu treiben. Solange wir im Sport nicht irgendwelchen Zwängen ausgesetzt sind, ist dieser der Gesundheit sicher förderlich. Wenn es aber darum geht, in der Gruppe mitmachen zu müssen oder irgendwelche Wettbewerbe auszukämpfen, kann man leicht die eigenen Grenzen übersehen und in einen Bereich gelangen, der das Gegenteil bewirkt. Meist zeigt einem dann aber ohnedies der Körper die Grenzen auf.

Auch manche der Qigong-Übungen sind nichts anderes als Gymnastik. Es macht wohl einen entscheidenden Unterschied, ob der Fluss des Qi beachtet wird oder nicht. Schon der Gelbe Kaiser weist darauf hin, dass Praktiken des Daoyin, eine Kombination aus Dehnungsübungen, Massage und Atemtechniken, zur Unterstützung des Energieflusses wichtig waren, um gesund ein hohes Alter zu erreichen4.

Nachstehend noch eine andere Sicht.

Sport ist ein wichtiger Faktor zur Bestätigung unseres Egos. Wie weit wir laufen können, wie schnell wir eine Strecke schaffen, wie schnell wir einen Gipfel erobern. Er zeigt uns auch mit zunehmendem Alter unsere Leistungsfähigkeit. Im Teamsport kann das schnell einmal jenseits der gesunden Vernunft sein. Aber abseits davon, was ist für unsere Gesundheit nun wirklich wichtig?

Es sind wohl vier Dinge: Muskelaufbau bzw. -erhaltung, die Stimulierung der Verdauung, das Abatmen von Säureüberschüssen und die Aufnahme von frischer Atemluft.

Für den Muskelaufbau ist in der TCM die Milz zuständig, die Leber für Sehnen und Kraft. Es gibt Aussagen von Leuten, die es wissen sollten, nach denen es bereits ausreichend ist, wenn man einen Muskel nur wenige Sekunden pro Tag anspannt, um die Leistungsfähigkeit zu erhalten. Muskelaufbau, um schön zu sein, ist wieder eine Sache für das Ego, dem ich hier nicht länger nachgehen möchte.

Die Stimulierung der Verdauung erreichen wir durch Bewegung, aber auch durch tiefe Atmung. Auch das trägt wesentlich zur Gesundheit bei.

Spannender wird es bei den beiden anderen Punkten, die beide mit unserem Atmen zu tun haben. Da ist einerseits das Einatmen, mit dem wir frische Energie, das Himmels-YANG, bekommen. Es wird in der Lunge mit den von der Milz geliefertem Nahrungsessenzen zu dem wahren Qi zusammengebaut, das den Körper nährt und durch die Meridiane fließt. Das ist die Energie, die uns befähigt, unsere Ziele zu erreichen oder – viel lapidarer – morgens aus dem Bett zu kriechen. Haben wir zu wenig davon, sind wir nach dem Essen müde. Man kann das auch Kondition nennen, also die Fähigkeit, dem Körper über längere Zeit diese Energie zur Verfügung zu stellen. Doch während das Einatmen zur Lunge gehört, ordnen die Chinesen das Ausatmen der Niere zu. Und hier sind wir wieder beim Säure-/Basengleichgewicht. (Zuviel) Säure entsteht durch falsches Essen und durch Stress. Diese Säure werden wir einerseits über den Urin, andererseits über das Ausatmen los. Aus Sicht der TCM sind das beides Funktionen der Nieren.

Qigong hilft uns bei allen diesen Punkten, auch beim Muskelerhalt. Es ist immer wieder ein Wechsel zwischen Anspannung und Loslassen und viele Qigong-Übende haben eine gute Figur. Dabei spielt auch die Konzentration auf die Atmung eine wesentliche Rolle und viele der Übungen werden über die Atmung gesteuert. Das Loslassen ist auch gut für die Verdauung, ebenso die Grundstellung im Qigong, die für eine möglichst aufrechte Wirbelsäule sorgt. Aber im Gegensatz zu Sport steht hier nicht die Leistung im Vordergrund und Ehrgeiz schadet eher, als er hilft. Hier geht es darum, die Mitte zu finden, sich ausbalanzieren. Damit ist die Gefahr der Überforderung minimal. Außerdem kann man Qigong auch im Sitzen oder sogar nur in der Vorstellung üben. Also selbst wenn einen ein Unfall oder ein gesundheitliches Problem aus der Bahn wirft, muss man diese Art der Betätigung nicht stoppen, wie das bei den meisten Sportarten der Fall wäre. Gerade hier werden die Vorteile von Qigong gegenüber Sport sichtbar und darum eignet sich Qigong auch dazu, die Gesundheit alter Menschen zu steigern oder zu erhalten.

1Siehe Campbell, Seite 150

2Siehe Campbell, Seite 149

3Siehe Yogananda, Seite xxx

4Siehe Gelber Kaiser, Seite 16. Daoyin ist eine alte Bezeichnung für Qigong. Hier wird außerdem auf die Wichtigkeit des Energieflusses verwiesen.

Klassifizierung der Übungen

Die Folgende Tabelle soll einen Überblick verschaffen, wofür welche Übungen vorrangig verwendet werden (was nicht heißen soll, dass sie nicht alle der Gesundheit dienen oder alle die Selbstfindung fördern. Aber es gibt eben Übungen, die das mehr fördern als andere).

ÜbungSelbst-findungMedizi-nischGesund-heit
Die acht daoistischen Übungen

X
Demanthene Übungen

X
Die achtfache RückkehrX

Die MorgenübungX

Nieren-Qi stärkendes GehenXXX
Übungen zur Öffnung der Gelenke
XX
Die Bewegung des Reinen Qi im kleinen Energiekreislauf

X
Die Bewegungen der fünf Tiere

X
Augen-Qigong
XX
Klassifizierung der Qigong-Übungen