Die subjektive Wahrnehmung eines Übenden
Ich habe mir lange überlegt, was Qigong bei mir eigentlich bewirkt. Es ist gar nicht so einfach, weil die Wirkung sehr subtil und wohl nur längerfristig greifbar ist. Anders als bei einem Ausdauertraining, wo die Ergebnisse wohl schnell messbar sind, geht es hier um ein umfassenderes Ziel, das Körper, Geist und Seele betrifft. Ja, auch der Körper profitiert von Qigong, auch wenn es viele Menschen gibt, die sich lieber anstrengenderen Dingen wie Sport oder auch Joga zuwenden. Qigong kann man in jedem Alter machen und die Übungen können sowohl körperlich, als auch in der Vorstellung angewendet werden.
Es gibt allerdings einige Punkte, die ich mittlerweile definitiv bestätigen kann:
Qigong kann:
- Die Sehkraft verstärken
- Schwindel beseitigen
- Die Beweglichkeit erhöhen
- Die Achtsamkeit verbessern
- Eine aufrechte Haltung fördern
- Die Durchblutung verbessern
Zusammengefasst würde ich sagen, Qigong vereinigt mich wieder mit der Natur. Wie oben ausgeführt, führt uns Qigong zu uns selbst zurück, nach dem Bild von C.G. Jung‘s Individuation1. Das hört sich sicher besser an als die Vereinigung mit der Natur, auch wenn es bei genauerem Hinsehen dasselbe ist. Damit drängt sich natürlich sofort die Frage auf: will ich das denn überhaupt? Keine Angst, diese Frage muss man nicht sofort beantworten. Aber sie zeigt auch auf, womit wir beim Qigong-Üben konfrontiert werden. Mit Entscheidungen. Diese Entscheidungen liegen oft nicht so klar am Tisch wie die oben gestellte Frage.
Es gibt verschiedene Wege, auf diese Entscheidungen zu stoßen, beispielsweise Psychotherapie, Familienaufstellung oder eben den körperlichen Weg. Ich will damit keineswegs behaupten, dass man diese Methoden nebeneinander stellen kann. Allerdings haben sie in Bezug auf Veränderung in uns eine ähnliche Wirkung, nur dass man entweder über die Psyche, über die nicht bewussten Teile unserer Wahrnehmung oder über die Körperarbeit zu ihnen gelangt.
Was bedeutet es nun, wenn wir zu uns selbst zurück finden wollen? Dazu möchte ich als erstes zwei Dinge festhalten, die uns von unserem eigenen Ich trennen. Das sind einerseits Zwänge, die uns unsere Umgebung auferlegt, andererseits unsere Ängste. Individuell mehr oder weniger Erlebnisse, die wir in der Vergangenheit nicht verarbeiten konnten, hat unser Körper im Bindegewebe gespeichert2 und mit Qigong werden diese Speicherungen irgendwann aufgelöst. Hinzu kommt, dass es Qigong-Übungen gibt, die speziellen Einfluss auf die Entwicklung unserer Chakren haben. Dazu möchte ich hier nur wenig sagen, auch darüber gibt es viele Bücher3.
Generell kann man sagen, dass wir der Chakrentheorie nach Aufgaben in den jeweiligen Chakren zu lösen haben. Das betroffene Chakra gibt uns dabei jeweils den Rahmen vor.
Beispielsweise entspricht die Erlösung des ersten Chakras dem Bewusstsein, dass auf dieser Welt für uns gesorgt wird, mit anderen Worten, dass wir finanziell abgesichert sind. Damit verbunden sind alle Zugehörigkeits- und Uniformierungszwänge, die sich oft erst dann in Luft auflösen, wenn wir uns von einer Zugehörigkeit nichts mehr erwarten.
Das zweite Chakra hat etwas mit der Entwicklung des Selbst zu tun und ist wohl erst dann überwunden, wenn wir wieder in der Lage sind, in sozialen Strukturen mitzuarbeiten. Die Mitarbeit ist dann aber eine andere als im ersten Chakra, auch wenn es oft nicht so einfach zu trennen ist.
Im dritten Chakra geht es dann um Macht und letztlich auch um die Erfüllung unserer irdischen Wünsche, um Besitz und Status. Es ist überwunden, wenn die irdischen Wünsche nicht mehr so wichtig sind.
Wenn man nun Übungen macht, die auf die Chakren wirken, so verändert das die Dinge. Zwangsläufig konfrontiert uns das dann auch mit den jeweiligen Ängsten. Erst wenn man sich bewusst ist, dass man Angst vor dem Alleinsein hat, kann man dagegen was tun. Vorher äußert sich diese Angst mannigfaltig und versteckt sich hinter mehr oder wenig intelligenten Ausreden.
Qigong kann nur dann seine Wirkung voll entfalten, wenn man möglichst jeden Tag übt. Die Übung sollte nicht durch externe Einflüsse gestört werden. Dies heißt, man sollte in einer gewohnten Umgebung üben. Diese Umgebung sollte nach Möglichkeit so aufgeräumt und sauber sein, dass man während des Übens nicht abgelenkt wird.
Die Dauer der Übung wird mit zunehmendem Üben im Normalfall zunehmen. An stressigen Tagen bleiben vielleicht nur wenige Minuten, an ruhigen wird es dafür umso mehr. Die Übung sollte stets auch einen Meditationsteil beinhalten.
Ich habe bei meinen Qigong-Kursen immer wieder erlebt, dass die Übenden zu sehr verunsichert sind und wegen allen möglichen Details nachfragen. Darum hier der Hinweis. Es geht weniger um die exakte Ausführung als um das Üben per se. Diese Unsicherheit ist als ein Hemmnis zu werten, das eigentlich nur eines bewirken soll: keine Veränderung des Status Quo.
Auch das Üben in der Gruppe oder das Auftreten von Effekten sollte man nicht überbewerten. Die Gruppe mag anfangs helfen, den inneren Schweinehund zu überwinden. Doch meist trifft sie sich nur einmal pro Woche und das ist für eine regelmäßige Qigong-Anwendung viel zu wenig. Das Auftreten von Effekten wie ein warmes Gefühl oder auch ein Kribbeln oder Stechen sollte nicht überbewertet werden. Unsere Lehrer meinten, es zeigt das Auflösen eines Staus an. Wenn man also nichts Besonderes spürt, so heißt das lediglich, dass es keinen Stau aufzulösen gibt.
Ein wesentlicher Teil einer Qigong-Übung sollte auch der Meditation gewidmet sein. Anfangs ist es schwierig, die Körperhaltung einzunehmen und man ist nur damit beschäftigt, den Lotussitz auszuhalten. Es dauert eine Weile, bis man in der Lage ist, diesen frei von Hilfsmitteln am ebenen Fußboden bzw. einem daraufliegenden Teppich auszuhalten. Selbst wenn man die Beine dann in die richtige Position bringt, kippt man sehr schnell nach hinten und verkrampft. Durch beständiges Üben wird das aber immer besser und je weiter der Körper trainiert ist, desto länger wird dann die Zeit, die man in der Meditationshaltung verweilen kann. Doch deshalb meditiert man noch nicht. Das Ziel ist, den Kopf frei von Gedanken zu bekommen, an nichts denken zu müssen, Zeit für sich zu haben. Es dauert eine Weile, bis das unser Verstand zulässt. Anfangs fühlt er sich bemüßigt, uns zu unterhalten, bringt andauernd Neues, worüber wir nachdenken sollten oder Argumente dafür, dass wir ohnedies schon viel zu lange sitzen. Doch es wird mit jedem Tag ein bisschen besser und die wesentliche Wirkung, die sich schnell einstellt: man wird gelassener.
Die Wirkung von Qigong auf die Organe
Die FHG wirken nicht auf die Organe oder die Meridiane, sondern auf die Chakren. Darum helfen sie auch nicht direkt bei Erkrankungen.
Generell kann man sagen, dass Probleme im Qifluss durch Qigong behoben werden können, Qigong die Selbstheilungskräfte verbessert. Ich habe in meiner eigenen Vergangenheit auch erlebt, dass ich eine Schleimbildung aufgelöst habe, wobei wohl auch die Ernährung einen wichtigen Beitrag lieferte.
In Bezug auf die Organe kann man folgendes sagen:
Qigong verbessert den Qifluss, dadurch die Durchblutung und unterstützt damit die Leber. Es klärt die Emotionen und befreit damit (zumindest für einige Zeit) das Herz. Das untere Dantian ist dort, wo der Dünndarm sitzt. Dieser wird damit auch erwärmt und in seiner Fähigkeit, Entscheidungen aufzubereiten, unterstützt.
Qigong strukturiert die Atmung und unterstützt damit die Lunge und auch den Dickdarm, der sich damit leichter von alten, verbrauchten Stoffen trennt. Für die Niere gibt es spezielle Übungen wie das nierenstärkende Tun oder Xi-Xi-Ho und die Milz als Teil des Funktionskreises Erde wird unterstützt, weil uns Qigong erdet und zentriert.
Insgesamt folgt das Qi der Aufmerksamkeit und das Blut dem Qi. Das bedeutet, dass man mit Qigong die Durchblutung bestimmter Bereiche, auf die man sich konzentriert, verbessern kann. Eine ähnliche Wirkung hat übrigens auch die Akupunktur.
1Jung a.a.O.
2Siehe Wenzel/Herwegh, Seite 208ff
3Siehe beispielsweise Davies. Es gibt auch gute Yogabücher, die hier Hintergrundinformationen liefern.