An dieser Stelle möchte ich einen tieferen Einblick in die TCM geben um zu zeigen, wie und warum Qigong wirkt. Für mehr Details verweise ich auf die entsprechende Fachliteratur.
Dantian und Mingmen
Ist Dantian die Gebärmutter und damit Teil vom Chongmai? Am LW, wo Mingmen sitzt, ist der Dünndarm angebunden. Mingmen ist auch ein Teil vom ministeriellen Feuer, das über die Gallenblase zum Perikard aufsteigt. Sind das die 3 Brenner des 3E? Ist Mingmen eigentlich ein Teil des Dünndarms und damit eine Verbindung zwischen Niere und Herz? Oder überhaupt nur Dünndarm und der Ursprung des Feuers eigentlich dort? Würde ja Sinn machen!
Im Qigong wärmen wir Mingmen bzw. das untere Dantian. Wenn dies bedeutet, dass wir den Dünndarm wärmen, so hilft uns dies, die guten von den schlechten Dingen zu trennen und zu richtigen Entscheidungen zu kommen.

Dantian nach Wenzel[1] (Siehe Seite 226)
Ich komme zu dem Schluss, dass das untere Dantian der Dünndarm ist. Wenn man die Darstellung von Rauch zum Dünndarm mit der von Wenzel zu Dantian vergleicht, so fällt sofort die Ähnlichkeit auf.

Darstellung des Dünndarms (Rauch[1], Seite 19)
Maciocia berichtet von Forschungen, denen zufolge im Dünndarm ungefähr genauso viele Gehirnzellen sitzen wie im Gehirn, was ja unser oberes Dantian ist1. Können wir diese Zellen auch trainieren wie unser Gehirn? Sind wir damit mit unserer Umwelt verbunden?
Das mittlere Danitan ist Tanzhong und wird wohl das Mehr des Qis sein. Das ist die Lunge. Oder aber es ist der Mittelpunkt zwischen den beiden anderen Dantians. Beide sind dem Element Feuer zugeordnet (Unser Gehirn gehört zum Herzen, allerdings das Gedächtnis zu Milz und Niere, das Mark zur Niere). und es macht Sinn, dass auch das mittlere Dantian Feuer ist, also unser Herz.
Die 8 außerordentlichen Gefäße
Um den Rahmen dieses Buches nicht zu sprengen, wird zu diesem Thema hier nur ein Überblick gegeben. Für ein tiefergehendes Verständnis möchte ich hier auf die Fachliteratur verweisen.2
Jeder kennt die Meridiane. Davon haben wir 12 und diese sind nicht nur jeweils einem Organ zugeordnet, sondern sie treten auch immer paarweise auf, das heißt ein Meridian durchläuft den linken Arm oder das linke Bein und der andere verläuft spiegelbildlich auf der rechten Seite. Die Meridiane haben einen direkten Organbezug und man benutzt sie, um Diagnosen oder Behandlungen auf diese Weise organbezogen durchzuführen.
Mit den Gefäßen ist das anders. Hier sind nicht alle doppelt, also symmetrisch zur Mittellinie vorhanden. Im Wesentlichen stellen die Gefäße eine Art Ausgleichssystem zu den Meridianen dar. So gibt es je ein Gefäß für die Sammlung von YANG (und damit den Ausgleich von YANG über alle YANG-Meridiane) und ebenso eines für YIN. Ein anderes Gefäß ist für den Ausgleich zwischen oben und unten und eines für den Ausgleich zwischen links und rechts zuständig, wobei es hier jeweils eines für YIN-Ausgleich und eines für YANG-Ausgleich gibt. Wieder ein anderes ist für den Ausgleich des Blutes zuständig und spielt daher vor allem bei Frauen eine große Rolle, da diese im Zuge der Menstruation ein bewegtes Blutleben haben, das über dieses eine Gefäß abgewickelt wird.
Diese Gefäße sind also wichtig für unseren Energiehaushalt, auch wenn nur die Ausgleichsgefäße für YIN und YANG direkte eigene Akupunkturpunkte haben, während die anderen über jene Punkte angesprochen werden, an denen sie die Meridiane kreuzen.
Hinzu kommt, dass jedes Gefäß einen Punkt hat, an dem es aktiviert wird. Diese Punkte finden natürlich im Zuge der Akupunkturbehandlung, aber auch im Zuge von Anmo oder Akupressur ihre wichtige Anwendung.
Für den Qigong-Übenden ist an dieser Stelle von Bedeutung, dass er durch richtiges Üben nicht nur die Meridiane, sondern auch die Gefäße durchgängiger macht und damit für einen reibungslosen Energiefluss sorgt. In Bezug auf die Gefäße bedeutet dies allgemein gesprochen, dass man mehr in seine Mitte kommt, also Ungleichgewichte ausgleicht und auf schwierige Situationen des Lebens besser reagieren kann, weil beispielsweise die hochschießende Leberenergie im Falle von Wut oder Zorn auch wieder leichter vom Kopf weg kommt und somit keine oder nur kurzzeitige Kopfschmerzen erzeugt.
Die vier Meere
Neben den Meridianen, die als „Flüsse“ betrachtet werden und den Gefäßen, die so etwas wie Kanäle sind, gibt es in der TCM auch die vier Meere, wo diese Flüsse sozusagen münden. Außerdem sind diese Meere auch eine Konzentration des jeweiligen Mediums.
Das oberste Meer ist das „Meer des Marks“, was in der westlichen Terminologie als Gehirn bezeichnet wird. Das Mark gehört zur Niere und das Meer des Marks somit auch, allerdings wird es vom Shen, unserem Geist, im Wesentlichen unsere Aufmerksamkeit, bewohnt.
Das nächste Meer ist das Meer des Qi, das in unserem Brustkorb sitzt. Hier bezieht sich das auf die Lunge, die unser Qi beherbergt und wo aus dem Nahrungsextrakt der Milz gemeinsam mit der Atemluft das erzeugt wird, was die Chinesen Qi nennen, also die Lebenskraft.
Das nächste Meer ist das Meer der Nahrung. Dies entspricht unserem Magen, der für die Nahrungs- und Flüssigkeitsaufnahme verantwortlich ist.
Darunter kommt dann das Meer des Blutes, das einem der Gefäße entspricht (dem „Chong Mai“) und sein Zentrum unterhalb des Nabels hat.
Bis auf das Meer der Nahrung entsprechen die anderen Meere auch den Dantians3, nämlich dem oberen (Meer des Marks), dem mittleren (Meer des Qi) und dem unteren (Meer des Bluts), die innerhalb des Qigongs als Punkte, auf die man innerhalb der Übungen seine Konzentration richtet.
Speicherplätze
Neuere Forschungen haben ergeben, dass wenn wir emotional etwas nicht verarbeiten können, der Körper dies im Bindegewebe speichert, um uns zu einer späteren Zeit die Gelegenheit zur Verarbeitung zu geben. Dies zeigt schon auf, dass wir gewisse Erfahrungen zur Gesundung brauchen, auch wenn sie vielleicht nicht immer zur richtigen Zeit kommen.
Diese Speicherungen können uns nun daran hindern, uns richtig zu bewegen oder auch eine aufrechte Haltung einzunehmen. Mit Hilfe von Qigong kann man diese Speicherplätze bearbeiten und durch beständiges Üben werden sie auch aufgelöst. Dies hat einen gesundheitlichen Aspekt, da die Speicherplätze den freien Energiefluss behindern, aber auch einen spirituellen Aspekt, da uns die Auflösung einer früheren Emotion auf unserem Weg der Reifung weiterbringt. Beides kann durch die beständige Anwendung von Qigong erreicht werden, wodurch Qigong auch ein wesentliches Mittel zur Reifung der Persönlichkeit oder zur Individuation4 wird.
Die esoterische Komponente: Dantian und Chakren
Während die Chinesen von drei Energiezentren reden, sprechen die Inder von mindestens sieben. Es fällt auf, dass die chinesischen Energiespeicher (Dantians) an Orten zu finden sind, wo auch Chakren sind. Ist es dasselbe? Oder ist es vielleicht jeweils nur ein Aspekt der Chakren, den eben nur diese drei haben?
Jedenfalls haben wir das untere Dantian in der Höhe des 2. Chakras. Dabei ist Mingmen wohl genau dort, wo das 2. Chakra ist, das Dantian wird eher im Bauch weiter vorne verortet. Handelt es sich da um den Dünndarm? Mingmen wird auch als das ministerielle Feuer bezeichnet.
Das mittlere Dantian liegt im Brustkorb, dort wo das 4. Chakra sitzt. Dort ist auch das Meer des Qis, also die Lunge, während das 4. Chakra an der Wirbelsäule sitzt. Im Brustkorb befindet sich auch das Herz, das als herrschaftliches Feuer bezeichnet wird.
Das obere Dantian ist zwischen den Augen, dort, wo wir unser drittes Auge haben sollen. Dort ist auch der Sitz des 6. Chakras, irgendwo zwischen verlängertem Rückenmark und dem Drittauge. In der TCM wird das Gehirn auch als das Meer des Marks bezeichnet.
Wenzel/Herwegh erwähnen auch eine Passstruktur5. Demnach ist es eine Entwicklung des Charakters, wenn wir uns von den niederen Chakren zu den höheren begeben. Auch die Baghavad Gita6 spricht davon, dass die unteren drei Chakren keinen Einfluss auf unser Leben haben dürfen, wenn wir Erlösung finden wollen.
Nach Wenzel/Herwegh gibt es jeweils einen Pass, den wir überwinden müssen, um in ein Dantian zu kommen. Das ist zuerst einmal der weiße Ring, eine Energiestruktur im Beckenbereich. Dieser weiße Ring sichert uns das Überleben und macht uns damit unabhängig von Zwängen aus dem ersten Chakra. Wenn wir ihn überwinden, gelangen wir zur Individualität, ins zweite Chakra.
Um in das vierte Chakra zu gelangen, müssen wir den Weiguan überwinden. Das ist ein Pass in der Höhe des Zwerchfells. Man könnte diesen Pass mit der Überwindung des Egos beschreiben, also damit, dass man die unteren drei Chakren (weitgehend) erlöst hat und sich ab sofort höheren Dingen zuwenden kann und die Erfüllung der eigenen Bedürfnisse in den Hintergrund tritt. Zwänge, Wollen/Nicht wollen oder Wünsche hören auf, sich ständig in den Vordergrund zu drängen und man wird mehr zum Beobachter, kommt ins Sein und Sein ist Zufriedenheit.
Der Übergang ins sechste Chakra oder ins obere Dantian kann nur erfolgen, wenn man den Pass des Schweigens überwindet. Plötzlich sind dann Worte unwichtig und man wird mehr und mehr eins mit der Natur (oder mit Gott).
Dies alles ist der ideale Weg, den man durch beharrliches Üben von Qigong erreichen sollte. Man erreicht eine Anpassung an das Leben anstatt andauernd anzuecken und Probleme zu erzeugen, schwimmt mit dem Strom anstatt dagegen. Man lernt, dass die Zufriedenheit wichtiger ist als ein neues Auto oder ein Yacht und kann immer mehr über andere lächeln, die noch verzweifelt Status, Geld und Macht nachjagen und dabei den eigenen Körper zerstören.
Die Entstehung der Welt
Was hat das mit Qigong zu tun? Nun, es gibt viele Mutmaßungen, woher es kommt, wie es entstand und was es bewirkt und vielleicht helfen diese Überlegungen ein bisschen beim Einordnen.
Vor etwa 10.000 Jahren entwickelte die Menschheit im Osten des Mittelmeers7 Ackerbau und Viehzicht. Bis dahin beschäftigten sich die Menschen mit dem Jagen und Sammeln. Energetisch ist das eine Entwicklung heraus aus dem ersten Chakra, wo es nur um das nackte Überleben ging, hin zu planerischem Handeln und zur Bevorratung. Es dauerte bis ca. 5000 vor Christi, bis der gesamte Mittelmeerraum diese Lebensform übernahm. Sie war der vorigen deutlich überlegen. Die Menschen lebten in kleineren Siedlungen und waren wohl hauptsächlich auf sich selbst gestellt, legten die Vorräte für sich und ihre Familie an und die Gruppe diente wohl hauptsächlich dem Schutz vor Feinden und Raubtieren. Im 4. Jahrtausend vor Christi entstanden dann zwei Reiche, die plötzlich einen ganz anderen Aspekt einbrachten. Am Nil, aber auch im Zweistromland entstanden die ersten Dynastien, wo plötzlich hunderttausende Menschen sich einer Macht unterordneten. Besitz führte offenbar zu Macht, energetisch sind wir damit im dritten Chakra. Gerhard Wenzel behauptet, die Fan Huan Gong haben ihren Ursprung in dieser Zeit im Zweistromland. Eine Erklärung könnte sein, dass die neugierigen Babylonier herausfanden, dass sich bei den Besitzenden Krankheiten entwickelten, die die sicher noch vereinzelt übriggebliebenen Jäger und Sammler nicht hatten. Schließlich haben die Assyrer dann ja auch die Juden nach Babylon verschleppt. Vielleicht wollten sie ja auch nur sehen, ob sie ihr allmächtiger Gott wirklich befreit.
Und wenn man das so betrachtet, dann bin ich mir nicht sicher, ob ein „zurück zu mir selbst“ nicht (zumindest für manche unter uns) eine Stärkung des Egos bedeutet und das sollte eigentlich nicht das Ergebnis sein, zumindest nicht das Endergebnis.
1Vgl. Maciocia[3], Seite 108
2Siehe Maciocia[2], Seite 839ff
3Siehe Dantian und Mingmen weiter oben
4Zur Individuation siehe Jung, Seite 67ff
5Siehe Wenzel[1], Kapitel 7
6Siehe Yogananda[1]
7 und hier betrachte ich nur diesen Raum, aber ich denke, er reicht als Modell für das, worauf ich hinauswill