Ich bin auf dieses Thema immer wieder gestoßen, doch meine Aufmerksamkeitsschwelle hat es erst durchbrochen, als ich mich mit dem Thema Ernährung beschäftigte. Dabei ist es ein ganz zentrales Thema und würde unsere Ernährung wohl von Grund auf ändern, wenn wir es ernster nehmen würden. Doch zuerst zu den Basics:
Wenn wir etwas essen, dann produziert unser Körper Magensäure, um für das zu uns Genommene einerseits die Verdauung einzuleiten, andererseits auch, um zugeführte Erreger abzutöten. Diese Magensäure kommt nicht aus dem Nichts, sondern sie wird erzeugt, indem einerseits ein saurer Anteil, andererseits ein basischer entsteht. Der basische Anteil geht ins Blut und steht dann später für die weitere Verdauung zur Verfügung, wo er sich wieder langsam auflöst.
Der ganze Prozess ist gesteuert einerseits durch einzelne Elemente unserer Nahrung, andererseits durch Pufferspeicher, aus denen wir die Grundstoffe der beiden Verdauungssäfte erzeugen. Die Nahrungselemente, die hier wichtig sind, sind Natrium, Kalium, Magnesium und Kalzium. Das Kalzium wird in den Knochen gespeichert. Wenn wir nun über längere Zeit zu wenige dieser Mineralstoffe zu uns nehmen, so greift der Körper auf diese Pufferspeicher zurück. Das führt dann vereinfacht gesprochen zu Muskelkrämpfen bei zu wenig Magnesium oder zu Osteoporose bei zu wenig Kalzium.
Tierisches Eiweiß ist einerseits sauer, andererseits sind die oben genannten Mineralstoffe nur in frischen, sonnengereiften Früchten (Obst bzw. Gemüse) enthalten. Diese Mineralstoffe separat zuzuführen hilft meist auch nicht, da der Körper damit icht umgehen kann. Er kann das am besten, wenn er die gesamte Frucht erhält. So sind wir beispielsweise nicht in der Lage, Kalzium aufzunehmen, wenn wir übersäuert sind. Milch enthält zwar Kalzium, aber sie ist als tierisches Produkt auch sauer, weshalb wir das in ihr enthaltene Kalzium größtenteils wieder ausscheiden.
Die westliche Medizin sieht einen Handlungsbedarf erst, wenn das Blut hier aus der Balance kommt und dieser Effekt sichtbar wird. Unser Körper weiß dies allerdings mit allen Mitteln zu verhindern und greift da lieber die Knochen an, als dass das Blut zu sauer wird.
Da das oben genannte „Sauerwerden“ im Körper schwer bis nicht messbar ist, sind die hier genannten Zusammenhänge im Westen seit mehr als 100 Jahren nur eine These. In der TCM ist der Zusammenhang jener zwischen Milz und Niere. Wenn die Milz (und die ihr zugeordnete Muskulatur) ihre Energie nicht von dem vom Magen Aufgenommenen bekommen kann, dann holt sie sich diese von den Nieren, die in der TCM für die Speicherung zuständig ist, wiederum etwas vereinfacht dargestellt.
Allerdings wird hier schon ersichtlich, dass diese beiden Erklärungsmodelle zum selben Schluss kommen, weshalb ich das aus Sicht der TCM erklären möchte. Hier sind die Nieren im Wesentlichen unser Speicherorgan. Sie beherbergen das JING, die Lebensessenz und im Qigong lernt man, dass wir auf diese Essenz achten müssen, um gesund alt zu werden. Diese Essenz ist einerseits unsere Erbmasse, andererseits das, was wir seit der Geburt daraus gemacht haben. So gilt es mittlerweile als erwiesen, dass die Nahrung von Kindern deren Größenwachstum bestimmt.
Wenn wir in der TCM von den Nieren sprechen, so gehört aus westlicher Sicht da noch einiges mehr dazu, beispielsweise die Nebennieren oder auch die Schilddrüse und einige Hormone. Auch die Knochen werden dem Funktionskreis der Nieren zugerechnet und da taucht schon einer der Pufferspeicher auf. Das Kopfhaar wird grau, wenn die Nierenessenz erschöpft wird. Das ist wohl eines der Zeichen, die uns wie ein Füllstandsmesser Auskunft darüber geben, ob wir mit unserer Essenz sorgsam umgegangen sind. Emotional schädigen Schockzustände oder große Angst unser JING.
Wie wir im Kapitel Ernährung sehen oder man wohl auch schon dem entnehmen kann, was ich weiter oben in diesem Kapitel über das Säure-/Basengleichgewicht schrieb, läuft hier einiges mit unserer Ernährung schief und es ist kein Wunder, wenn die Lebenserwartung erstmals seit dem zweiten Weltkrieg wieder im Sinken ist1. Wir essen zu viele tierische Eiweiße, diese werden zunehmend mehr als Fast Food verzehrt. Die Früchte, die wir auf den Tisch bekommen, werden geerntet lange bevor sie reif sind, in vielen Fällen dann auch noch tausende Kilometer weit transportiert. Wie sollen wir da zu unseren Mineralstoffen kommen? Ach ja, da gibt es ja Kapseln. Doch dazu später.
Was macht der Körper mit den Säuren? Er atmet sie im Wesentlichen aus, weshalb es auch sehr wichtig ist, dass wir Sport betreiben, weil wir da viel mehr Säure abatmen als im Ruhezustand. Umgekehrt ist Stress ein Zustand, wo wir angespannt sind und die Atmung flacher wird. Das wirkt sich ungünstig auf das Gleichgewicht aus und wir werden leicht sauer, wenn wir Stress haben, im doppelten Sinn des Wortes.
Da sind sie wieder, jene Faktoren, die wir als krankmachend kennen: Stress, Emotionen (hier vor allem Schock und Angst), falsche Ernährung. Jeden dieser Faktoren müssen Sie im Auge haben. Sie können sich gesund ernähren, wenn sie emotional (über längere Zeit) angespannt sind, kann das zu Problemen führen. Ebenso wie Stress, vor allem in der Kombination mit zu wenig Bewegung.
Warum ist das nicht ein Thema in der Wissenschaft? Einerseits, weil es derzeit nicht messbar ist (und was nicht messbar = sichtbar ist, existiert nicht), andererseits, weil unser Körper eine schier unglaubliche Flexibilität hat. In Kriegszeiten ernähren wir uns von Lebensmittel, die wir so nicht anrühren würden und wir überleben dennoch. Eine Zeitlang hält das unser Körper aus. Dafür hat er die oben erwähnten Pufferspeicher, damit er über solche Zeiten kommt, das hat die Evolution so eingerichtet. Das Problem entsteht erst dort, wo wir über einen langen Zeitraum den Fehler machen, uns ständig der Pufferspeicher zu bedienen, weil eben die Cremeschnitte nach dem Mittagessen so gut schmeckt oder das Schnitzel unsere Lieblingsspeise ist. Und ach ja, Kalzium bekommen wir ja aus der Milch, die uns schmeckt – sagt die Werbung.
Es gibt zu diesem Thema nicht sehr viel an Literatur und die beruft sich meist auf Personen, die schon lange gestorben sind. Dennoch ist das ein wichtiges Steinchen um zu verstehen, warum sich ein Großteil der Bevölkerung in westlichen Industrienationen falsch ernährt. Aus diesem Grund habe ich in diesem Abschnitt versucht, die wesentlichen chemischen Prozesse des Körpers übersichtlich und hoffentlich verständlich zusammenzufassen.
Säuren und Basen in unserem Körper
Im Körper laufen eine Reihe von unterschiedlichen chemischen Prozessen ab, die für ein gesundes Leben notwendig sind. Dies beginnt beim Aufbereiten der Nahrungsmittel und reicht über die Energiegewinnung in den Zellen bis zum Ausscheiden von Unverdaubarem bzw. dem Ausatmen der „Abgase“ der Energiegewinnung. All das wird im Wesentlichen über unser Blut gesteuert.
Das Blut kann seine Arbeit nur verrichten, wenn es einen PH_Wert zwischen 7,35 und 7,45 hat, also leicht basisch ist. Damit dies auch erhalten bleibt, wenn wir nichts oder grob Falsches essen, uns besonders aufregen oder einmal für zwei Minuten die Luft anhalten, gibt es im Körper eine Reihe von Puffersystemen und Ablagemechanismen, die dies ermöglichen.
Als erste wesentliche Stufe des Verdauens wird jegliche Nahrung einem Säurebad im Magen ausgesetzt. Dadurch werden die meisten Viren und Bakterien getötet und gleichzeitig die ersten Nahrungsbausteine abgebaut bzw. aufbereitet. Durch die Säuregewinnung entstehenden gleichzeitig Basen, die im weiteren Verlauf wichtig für die Aufbereitung der Nahrung und die Ausscheidung der restlichen Stoffe ist.
Für den ausgeglichenen Haushalt sind die Mineralstoffe Kalium, Natrium, Magnesium, Kalzium, aber auch der Phosphor essenziell. Da Kalium und Natrium auch Einflussfaktoren des Blutdrucks sind, hängt dieser indirekt auch mit diesem Gleichgewicht zusammen. Insgesamt führt Übersäuerung zu einem erhöhten Blutdruck. Auch als Potenzmittel bekannte Lebensmittel wie Meerestiere erhöhen letztlich den Blutdruck!!
Aus Sicht der TCM heißt das, dass die Leber leidet, wenn wir zu sauer essen und dadurch die Verdauung nicht mehr alkalisch genug ist. Die Leber mag nicht zuviel sauer. Auch die Bauchspeicheldrüse und der Zwölffingerdarm, die zur Milz zu zählen sind, leiden unter Übersäuerung.
Somit wären tierische Nahrungsmittel generell dem YANG zuzuordnen, die Flüssigkeiten (YIN) verbrauchen.
Einflussfaktoren auf den Säure-Basen-Haushalt
Was wirkt säuresteigernd?
Prinzipiell entsteht Kohlendioxid, das sauer wirkt, aus der Verbrennung der Energie in den Zellen.
Säure nehmen wir durch Essen zu uns (saure Lebensmittel) bzw. entsteht bei der Umwandlung durch die Verdauung (z.B. von Zucker). Hinzu kommen Mineralstoffe, die negativ auf die Pufferspeicher wirken. Allen voran ist dies Natrium. Natrium ist im Salz und in allen tierischen Nahrungsmitteln vorhanden.
Stress erhöht die Säurebelastung, weil die Atmung flacher wird und Säure damit weniger abgebaut wird. Zudem sorgt das Adrenalin für eine erhöhte Anspannung und damit auch für zusätzliche Säure aus der Verbrennung in den Zellen. Ebenso sind die meisten Medikamente im sauren Milieu zu finden.
Bestimmte Enzyme wirken nicht mehr (Knochenbildung) bzw. verstärkt (Knochenabbau).
Aus Sicht der TCM handelt es sich hier um schlechtes, verbrauchtes Qi, das abgeatmet werden soll. Insgesamt entsteht durch Säure ein Yang-Überschuss.
Was wirkt basensteigernd?
Der wesentliche basische Faktor ist Kalium. Dies ergibt sich aus der Funktionsweise der Zelle, wo Kalium in der Zelle und Natrium im Blut in einem ausgeglichenen Verhältnis für den richtigen Zelldruck sorgen. Kalium ist in pflanzlichen Lebensmitteln enthalten.
Daneben wirkt die Atmung direkt und Sport/Bewegung indirekt über erhöhte Atemfrequenz auf den Abbau von Säure.
Regelungen und Pufferspeicher unseres Körpers
Regelkreise des Blutes
Hämoglobin
Der erste Regelkreis in Bezug auf Säuren ist das Blut oder besser gesagt der rote Farbstoff im Blut. Mit dem Hämoglobin kommen die Abbauprodukte der Zellen, das Kohlendioxid in Form einer Säure zur Lunge und werden dort ausgeatmet. Wenn eine Übersäuerung vorliegt, wird Blut durch verklebte Blutblättchen dickflüssiger, was in der Dunkelfeldanalyse sichtbar gemacht werden kann. Für das Blut bedeutet dies, dass es zunehmend weniger Sauerstoffkapazität hat, der Einfluss von Säure also die Transportfunktion des Blutes reduziert. Somit kann das Blut einmal einiges an Säure binden und bis zum Abatmen auch zwischenspeichern.
Mit diesem Mechanismus kann laut Wacker[1] ca. ¼ der Kapazität der Säurepufferung erreicht werden.
Aus chinesischer Sicht geht es hier um das Qi, das mit dem Blut transportiert wird. Verbrauchtes Qi wird ausgeschieden und gehört wohl zur Loslassfunktion des Metalls.
Bikarbonatspeicher
Zum Verdauen brauchen wir Salzsäure im Magen. Diese Salzsäure (HCl) wird aus dem Salz gewonnen (NaCl). Das Natrium geht mit dem Kohlenstoff eine Verbindung ein und es entsteht Natrium-Bikarbonat. Dieses wird im weiteren Verlauf der Verdauung für die Aufbereitung der Nahrung für den Körper und die Ausscheidung der restlichen Stoffe verwendet. Letztlich wird damit die Salzsäure des Magens im Darm wieder neutralisiert. Der jeweils richtige PH-Wert (2-3 im Magen und 7,5-8,5 im Darm) bestimmt dabei, ob wir Eiweiße und Kohlehydrate für die weitere Verwendung aufbereiten können oder nicht.
Wenn wir nun zuviel Säure im Körper haben, wird dieses Bikarbonat dem Darm wieder entzogen und somit überschüssige Säure reduziert. Dies sind die größten Möglichkeiten, die wir kurzfristig haben (ca. ¾ der Kapazität). Wird auf diesen Speicher zugegriffen, werden die Darmsäfte saurer, die sonst eher alkalisch sind. Im Übrigen holen wir auch Salz wieder aus dem Darm, wenn wir Natrium oder Chlor benötigen, womit wir diesen Kreislauf sehr effizient steuern können und mit wenigen Gramm pro Tag das Auslangen finden. Überschüssiges Salz wird ausgeschieden.
Laut Wacker[1] haben wir ca. ¾ unserer Säurepufferkapazität in diesem Bereich, der Bikarbonatspeicher hat also in etwa das dreifache Volumen des Hämoglobins.
Im Sinne der TCM dringt hier das Leber-Qi in die Milz ein bzw. stagniert in der Verdauung. Durch das Übermaß an Säure wird die Verdauung beeinträchtigt und der gute Fluss, für den die Leber verantwortlich ist, gerät ins Stocken. Die Leber leidet unter zuviel Saurem und reagiert dort, wo sie entsteht: im Magen, im Darm sowie in der Milz (mit Bauchspeicheldrüse und Zwölffingerdarm).
Auch aus der täglichen Praxis lässt sich hier gut argumentieren. Wenn man will, dass etwas gut rutscht, dann seift man es ein. Seife ist basisch, so wie unsere Verdauung es sein sollte. Wenn diese basisch ist, dann „rutscht es gut“ und es gibt keine Verstopfung. Auch die Verwendung des Klopapiers funktioniert einfacher, wenn „die Seife eingebaut“ ist und man braucht kein feuchtes Papier zur Reinigung.
Phosphat
Reicht dies alles nicht aus und entsteht über längere Zeit ein saures Milieu, so wird den Knochen Phosphat entzogen, um Säure zu binden. Dies setzt allerdings im Gegenzug Kalzium der Knochen frei und führt zu Osteoporose.
Aus Sicht der TCM wird hier das Jing der Niere angegriffen. Der Lebenswandel schadet langfristig den Reserven (und Pufferspeichern), die so verbraucht werden.
Eiweiß
Der übermäßige Eiweißkonsum führt zu einer Belastung des Körpers durch Purine. Die Nieren können davon nur einen bestimmten Wert pro Tag ausfiltern und über den Harn ausscheiden. Werden die Purine nicht mehr ausgeschieden, lagern sie sich in den Gelenken ein, führen zu Gicht und wirken letztlich auch säuresteigernd. Ein erhöhter Harnsäurespiegel ist also auch ein sehr deutliches Zeichen der Übersäuerung.
Die Sicht der TCM ist wohl ähnlich wie beim letzten Punkt, wiederum schädigen wir hier die Nieren (direkt und auch sichtbar durch die Gelenke).
Weitere Speichermöglichkeiten des Körpers
Das Bindegewebe als Säurespeicher
Was der Körper an Säure nicht direkt los wird, schiebt er ins Bindegewebe. Das ist eine Art Zwischenspeicher zur späteren Abarbeitung für Dinge, um die sich der Körper im Moment nicht kümmern kann. Bleibt die Säure über längere Zeit im Bindegewebe, so entsteht Cellulitis.
Die Knochen als Puffer bei zuviel Säure
Wie bereits bei den Blutfunktionen erwähnt wirken auch die Knochen im Falle überschießender Säure als Reservoir. Bleibt jemand über lange Zeit im sauren Milieu, so führt dies zu Ostheoporose.
Die Funktion der Zelle
Der Zelldruck wird gesteuert durch die richtige Balance zwischen Kalium (YIN) in der Zelle und Natrium (YANG) im Blut. Ein Überschuss von Natrium gegenüber Kalium führt somit zu einem erhöhten Blutdruck.
1 Derzeit habe ich dafür keine Quelle parat. Bin für Nennungen dankbar.