Die acht Leitkriterien

YIN und YANG bestimmen die chinesische Medizin seit mehr als 2000 Jahren. In der Tat ist es auch heute noch so, dass mit diesem Gegensatzpaar Diagnosen erstellt werden. Sind die Symptome innerlich oder äußerlich? Ist dem Patienten eher kalt oder eher heiß? Leidet er unter Völle oder unter Leere, also verschlimmert Druck die Schmerzen oder lindert er sie? Sind insgesamt Zeichen von YANG wahrzunehmen, spricht der Patient also laut, hat er ein rotes Gesicht, ist er unruhig oder das genaue Gegenteil?

Die acht Leitkriterien sind also:

KälteHitze
LeereFülle
InnenAußen
YINYANG
Die Ba Gang (8 Leitkriterien) in der TCM

Hinzu kommt, dass bereits die Grundkonstitution nach diesem Gegensatzpaar eingeteilt werden kann. Ist jemand kräftig und groß oder schmal und klein?

In der Praxis geht das natürlich dann noch weiter und wird auch auf die einzelnen Organe angewendet. Aber auch hier haben wir dann eine Unterscheidung in YIN und YANG. Handelt es sich um einen YIN-Mangel (Struktur) oder um einen YANG-Mangel (Funktion) oder gar um einen Überschuss von YIN oder YANG? Dafür gibt es Kataloge von Symptomen, die einzelnen Organen zugeordnet werden. Wenn jemand keine Energie hat, liegt das wahrscheinlich an einem Mangel der Funktion der Milz, die die im Essen vorhandene Energie nicht verwertet und an die anderen Organe weiterreicht. Im Sinne unserer Terminologie geht es hier also um einen Qi-Mangel der Milz, in schwereren Fällen (wenn zusätzliche Symptome auftreten) von einem YANG-Mangel. Vielleicht hat schon jemand mit Diabetes zu tun gehabt. Die ersten Anzeichen sind genau diese hier: ein großer Energiemangel, sehr großer Durst. Die Bauchspeicheldrüse gehört aus Sicht der TCM zur Milz.

Kälte und Hitze innerhalb der acht Leitkriterien

Ich möchte von den acht Leitkriterien als erstes Hitze und Kälte herausgreifen. Es dauerte ein bisschen, bis ich dazu in der Lage war, es zu erkennen. Aber manchmal läuft einer mit einem roten Kopf durch die Gegend. Oder er ist viel zu leicht gekleidet, reißt bei jeder Gelegenheit das Fenster auf, stöhnt über die Hitze, schwitzt leicht. Das sind alles deutliche Signale für Hitze. Umgekehrt gibt es auch jene Menschen, die leicht frieren, den Winter und Kälte überhaupt verabscheuen, gerne einen Schal umhaben und immer wieder frösteln, sich über kalte Hände oder kalte Füße beschweren. Das sind deutliche Anzeichen von Kälte.

In der Praxis ist es dann oft subtiler, aber die Zuordnung gelingt meist doch sehr eindeutig.

Fülle und Leere innerhalb der acht Leitkriterien

Der gerade erwähnte rote Kopf kann jetzt zusätzlich ein Hinweis auf hohen Blutdruck sein, was ein deutliches Zeichen von Fülle ist. Im Sinne von YIN und YANG geht es darum, ein ausgewogenes Mittelmaß zu haben. Das bedeutet dann Gesundheit. Ein Zuviel ist ebenso schlecht wie ein Zuwenig. Dieses Mittelmaß ist individuell verschieden, hängt von der Grundkonstitution und vom Alter ab. Alles was zu viel ist, ist Fülle, alles, was zu wenig ist, ist Leere. Fülle und Hitze können miteinander auftreten, müssen aber nicht. Aus Fülle entwickelt sich dann Hitze, aber zuerst besteht nur Fülle.

Bei der Fülle kann es sich um einen Energiestau handeln, der zu einem aufgeblähten Bauch führt. Oder aber die Energie (der Leber) schießt ungezügelt hoch, verursacht einen Wutausbruch oder auch Migräne.

Der aufgeblähte Bauch kann aber auch von einem Mangel kommen. Dies zeigt schon, dass diese Unterscheidung nicht ganz so einfach ist. Aber prinzipiell bedeutet Anspannung und Unruhe Fülle, Schlaffheit und Energiemangel Leere.

Innen und Außen innerhalb der acht Leitkriterien

Hiermit meint man, wo die Symptome sitzen. Liegen sie außen auf der Haut oder bereits innen in den Organen? Hier gibt es verschiedene Schichten und alte Erklärungsmodelle der TCM, die hier viel weiter differenzieren. An dieser Stelle sei nur erwähnt, dass Wettereinflüsse wie Wind, Feuchtigkeit und Kälte von außen schichtweise in den Körper eindringen und es für jede betroffene Schicht eigene Abwehrstrategien gibt. So kennen wir vielleicht alle die Situation, wo uns am Nacken ein Wind erwischt, das zu Kopfschmerzen und Unwohlsein führt und wir auf diese Art einen grippalen Affekt einfangen. In der TCM ist diese erste Schicht der Dünndarm-Blasenmeridian. Beide verlaufen auf der Hinterseite des Körpers über den Hals zum Kopf und genau hier kann ein Windeinfluss eindringen.

YIN und YANG innerhalb der acht Leitkriterien

Sie werden schon bemerkt haben, dass all die anderen Leitkriterien auch in YIN und YANG eingeteilt werden können. Aber darüber hinaus gibt es noch Dinge, die vom Normalzustand abweichen, die hier zusammengefasst werden. Handelt es sich um Symptome im oberen Körperbereich (YANG) oder im unteren? Hier ist zu sagen, dass der obere Bereich ab dem Zwerchfell beginnt und die Arme mit einschließt. Der untere Körperbereich beginnt ab dem Naben und geht bis zu den Zehen. Auch der weiter oben schon angesprochene Aspekt mit Struktur (YIN) und Funktion (YANG) gehört in diese Kategorie.

Was ist das Ergebnis aus den acht Leitkriterien?

Prinzipiell erkennt ein Diagnostiker so sehr schnell, in welche Richtung die Behandlung gehen muss. Muss er sedieren oder aktivieren? Muss er Hitze ableiten oder wärmen? Sowohl für Kräuterrezepturen, als auch für die Akupunktur gibt dies wichtige Hinweise. Wie schon mehrfach erwähnt ist jede Abweichung von der Mitte schlecht und das Ziel eines TCM-Mediziners ist es, diese Mitte wieder herzustellen.

In der Praxis wird diese Kategorisierung je Organ angewendet und es entsteht dann eine Diagnose wie „Hochschießendes Leber-YANG“, was bedeutet, dass die Leber zu wenig YIN oder zu viel YANG hat und die Leberenergie, die die Tendenz hat, aufzusteigen, gerne im Kopf landet und Wutanfälle oder Migräne verursacht. Ein einfach verständliches Modell dazu sind die fünf Elemente, auf die ich im nächsten Kapitel eingehen möchte.

Die wesentlichen Bausteine

Die fünf Elemente

Gründe für Krankheit aus Sicht der TCM

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