Allgemeines zu Qigong-Übungen

Ich möchte mit einigen Worte zum Üben und auch zum Aufschreiben der Übungen einleiten. Danach gibt es einige kleinere Übungen, die man in seinen täglichen Ablauf einbinden kann. In weiterer Folge beschreibe ich dann einzelne Übungen, die mir am Herzen liegen. Abschließend komme ich zur Meditation, die der letzte Teil einer jeden Qigong-Session sein sollte.

Gründsätze zum Üben

Unser Lehrer, Dr. Wenzel, hat gesagt, man soll die Übungen nicht aufschreiben. Wenn ich allerdings bedenke, wie sehr sich die Übungen selbst in der kurzen Zeit unserer Ausbildung veränderten und wie viele Varianten wir bei den einzelnen Lehrern kennenlernen durften, dann wäre es doch ein schönes Ziel, diese angeblich uralten Übungen so zu beschreiben, dass man sich nicht in eigenen Befindlichkeiten verliert sondern immer wieder zum Maß aller Dinge zurückfinden kann. Ich maße mich hier nicht an, dass ich dieses Maß kenne, aber eines habe ich im Laufe meines Lebens gelernt. Du bist nur dann lernfähig, wenn Du etwas niederschreibst. Nur dann kann man es verbessern, weil es eine Basis gibt, von der man wegarbeitet.

Das war in alten Zeiten sicher anders, als ein Lehrer nur einen oder einige ausgewählte, sozusagen handverlesene Schüler hatte. Er beschäftigte sich intensiv mit ihnen und wenn sie ihn verließen, waren sie selbst Meister in diesem Gebiet. Wir waren mehr als 30 Schüler in unserem Kurs und persönliche Beziehung zu unserem Meister gab es keine. Wir bekamen nicht einmal Antwort auf Mails, was in der heutigen Zeit offenbar so ist. Die Qualität unserer Ausbildung kann daher nicht mit den alten Zeiten verglichen werden und daher habe ich mich entschlossen, diese Form der Bewahrung zu wählen.

Ich glaube nicht, dass das einfach ist, aber ich denke doch, dass es um Vieles besser ist, als wenn wir diese schönen alten Übungen der Korrosion unserer Befindlichkeiten aussetzen. Vielleicht helfen mir da ja auch viele Wissende, die Details weiter auszuarbeiten und die Übung wieder so zu rekonstruieren, wie sie ursprünglich war, ganz so, wie es ein Archäologe oder ein Restaurateur mit einem alten Bild macht.

Ich selbst habe einige Übungen aus Büchern gelernt und nachher in Kursen festgestellt, dass es mir gar nicht so schlecht gelungen ist. Es ist also nicht unmöglich, aber es ist schwierig. Wer Übungen anhand meiner Vorgaben lernen will, dem sei Folgendes mitgegeben:

  1. Nur wer vor hat, täglich zu üben (oder zumindest 80% der Tage), wird mit Qigong etwas erreichen.
  2. Man sollte mit dem Text möglichst schnell einmal durch die Übung durchkommen, indem man versucht, einmal die wesentlichen Bausteine zu verstehen. Auch wenn es vielleicht schwer fällt, es sich vorzustellen, was da gemeint ist, erhält man durch das Tun dann die Gewissheit, dass man es richtig macht, also einfach nur tun.
  3. In einer weiteren Phase, wenn man also schon ohne Text übt, muss man diesen im Nachhinein nehmen, um sich selbst so lange zu korrigieren, bis man alle Einzelheiten beherrscht.
  4. Erst danach beginnt das wirkliche Üben, auch wenn diese Korrekturphase bereits ein Annähern an die Wirkungen des Qigongs ist.
  5. Es ist an dieser Stelle wichtig zu wissen, dass im Qigong der folgende Grundsatz gilt: Die Energie folgt der Aufmerksamkeit (und das Blut der Energie). Daher muss die Aufmerksamkeit bei dieser Übung wie beschrieben gelenkt werden. Wenn wir die Hände nach unten bewegen, geht auch die Aufmerksamkeit nach unten.

Zum Umsetzen dieser Anweisung habe ich mich entschieden, die Übungen zweimal zu beschreiben. Beim ersten Mal („die physische Übung“) werde ich nur die Bewegungen und die Atmung beschreiben, beim zweiten Mal („die energetische Übung“) das, was mich bewegt, wenn ich die Übung mache. Dies verkürzt die Darstellung der Übung auf das Wesentliche und stellt außerdem das dar, was den Übenden erwartet. Zuerst ist es eine physische Übung, mit der Zeit wird es eine energetische. Diese kann sich auch bei jedem etwas anders auswirken, weil einen Qigong dort abholt, wo man steht. Das soll heißen, dass die Übung die persönlichen Blockaden löst und die Sensationen damit an völlig unterschiedlichen Stellen auftreten können. Ich möchte aber dennoch aufzeigen, was die Übung bewirken kann und wie man sich dann verhält.

Die richtige Grundhaltung

Wenn man täglich Qigong macht, vergisst man ganz, dass es für einen Außenstehenden nicht klar ist, was diese richtige Grundhaltung ist. Dabei ist sie die Basis für Qigong und wir kommen immer wieder auf sie zurück. Also muss ich sie an dieser Stelle einmal wieder erklären.

Man braucht einen Platz zum Üben, am besten immer denselben. Es gibt Leute, die gerne im Freien üben, weil dort mehr Energie ist. Mir persönlich ist das ein Zuviel an Energie oder auch an Ablenkung. Ich übe lieber im geschützten Bereich, wo ich meine Aufmerksamkeit nicht damit belasten muss, ob es mir bei einem Luftzug vielleicht u kalt wird oder ob da wer kommt und ob ich den vielleicht kenne. Niemand kommt und stört mich, mein Telefon ist abgeschaltet, niemand läutet an der Tür und die nächste halbe Stunde gehört ganz mir.

Dieser Platz ist aufgeräumt, soll heißen: da gibt es nichts, was mich ablenkt, keine offenen Arbeiten, die eigentlich schon lange hätten erledigt werden müssen, kein Mist, der herumliegt. Wenn ihr wollt, zündet Euch eine Kerze an, aber je weniger Aufwand ihr treibt, umso besser. Schließlich wollen wir das möglichst jeden Tag machen, Qigong üben, wenn auch nur für wenige Minuten.

Stellt Euch möglichst so auf, dass ihr den Raum im Blick habt, dass da kein offenes Fenster hinter Euch ist. Wenn möglich, nehmt Euren besten Teppich und legt ihn dorthin, wo ihr üben wollt, oder übt umgekehrt dort, wo dieser Teppich liegt. Dann nehmt Aufstellung. Die Füße stehen etwa einen Fußbreit auseinander. Sie stehen parallel am Boden und das Gewicht ist gleich verteilt. Ihr könnt das probieren. Belastet einen Fuß mehr als den anderen, dann umgekehrt, gebt das Gewicht auf die Fußballen vorne, dann auf die Fersen. Die ideale Grundhaltung ist genau in der Mitte. Die Knie sind leicht gebeugt, entspannt. Nicht wie beim Skifahren in die Knie gehen, aber auch nicht durchgestreckt. Dieses leichte Beugen ermöglicht es, schnell und einfach in die Knie zu sinken, aber wir machen das in der Grundstellung ohne große Anstrengung, also fast gestreckt, aber eben nicht ganz.

Achtet auf Eure Wirbelsäule. Sie soll möglichst aufrecht stehen. Das Beginnt im Gesäß und dafür ist es wichtig, dass man das Becken hinten etwas nach unten kippt oder das Schambein nach oben bewegt. Ihr werdet merken dass sich damit die Wirbelsäule aufrichtet und das Hohlkreuz kleiner wird, vielleicht auch ganz weggeht. Die Schultern sind entspannt. Die Arme hängen seitlich neben dem Körper, man sagt, die Achseln sind leicht geöffnet, damit der Herzmeridian Platz hat, „so als ob man ein rohes Ei halten würde“. Auch der Hals ist aufrecht und die Wirbelsäule soll damit möglichst gerade sein. Das bedingt auch, dass das Kinn leicht abgesenkt ist, etwas zurückgezogen.

Die Hände legen wir vor jeder Übung, aber auch zum Abschluss, auf das untere Dantian. Dies muss immer in folgender Weise erfolgen: Männer legen zuerst die linke Hand so auf den Nabel, dass der Handballen unterhalb des Daumens am Nabel liegt. Dann kommt die rechte Hand so drüber, dass der Daumen der rechten Hand oben am Handgelenk liegt. Frauen legen die rechte Hand auf den Bauch und die linke Hand darüber.

Dies ist die Grundhaltung und praktisch jede Übung startet von hier.

Die dreifache Entspannung

Eine kurze Vorbereitungsübung ist auch das dreifache Entspannen. Dabei geht man über die Zentren der drei Energien. Man beginnt beim Drittauge und stellt sich vor, wie es sich nach vorne entspannt und ausweitet. Als nächstes kommt das Herz. Man spürt hin, bis man das Gefühl der Wärme bekommt. Dazu gehört das Lächeln. Ein warmes Herz bringt ein Lächeln hervor und führt zu einer Entspannung der Wangen. Auch das soll man kurz wahrnehmen. Danach kommt die Erde, in die wir in der Vorstellung ganz tief einsinken. Unsere Knie geben bewusst nach, wir stehen fest verankert auf dem Boden und nichts kann uns erschüttern.

Damit ist die Übung abgeschlossen.

Das Bedanken für den Tag über die Chakren

Dankbarkeit ist eine äußerst wichtige Grundeinstellung und das Ritual der täglichen Wiederholung stärkt die Botschaft. Aus diesem Grund macht es Sinn, die folgende Übung an den Beginn einer Qigong-Session zu stellen.

Man stellt sich in der gewohnten Qigong-Haltung auf, atmet ein paar Mal durch, bis man ruhig geworden ist, faltet die Hände und legt diese nacheinander auf die oberen 5 Chakren. Bei jedem einzelnen Chakra hält man kurz inne und spricht einen Satz, dann geht es weiter zum nächsten Chakra. Die einzelnen Chakren werden wie folgt angesprochen:

Sakralchakra

Man beginnt mit der Grundstellung und streicht die Hände dann über die Lenden nach unten hin aus, lässt sie kurz Verbindung mit der Erde aufnehmen und führt sie dann in weitem Bogen zum Kopf und legt die gefalteten Hände so auf Baihui, dass die dritten Glieder der beiden Daumen Baihui berühren. Dann spricht man den Satz: „Danke für den Tag, danke für das, was kommt“.

Stirnchakra

Dann bewegt man die Hände vor die Stirn, die beiden Zeigefingerspitzen berühren das Drittauge, also den Bereich zwischen den Augenbrauen. Man spricht den Satz: „Danke für das, was ist“.

Kehlkopfchakra

Die Hände sinken vor den Hals, die Zeigefingerspitzen berühren den Kehlkopf. Man spricht: „Danke, für das, was war“.

Herzchakra

Die Hände wandern weiter nach unten, wiederum liegen die dritten Daumenglieder vor dem Mittelpunkt des Brustkorbs (TANZHONG), man spricht: „Danke für das, was ich geben kann“.

Solarplexus

Die Hände gehen noch weiter nach unten, bleiben all die Zeit gefaltet, vor dem Solarplexus (dort, wo der weiche Teil des Körpers unter dem Brustbein beginnt) bleiben sie stehen, die Finger zeigen schräg nach oben und man spricht: „Danke für das, was ich haben darf“.

Abschluss

Danach gehen die Hände nochmals vor das Herzchakra und man spricht: „ich liebe die Erde, ich liebe die Menschen, ich liebe das Leben“.

Danach beginnt man die Übung.

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