Yi Qi San Qing — Ein Qi in drei Dantian
Fan Huan Gong ist eine uralte Übungsform. Eigentlich heißt es Ba Fan Huan Gong. Ba heißt acht und Fan Huan Gong so etwas wie Rückkehr. Man kann es also mit „achtfacher Rückkehr“ übersetzen, wie es Wenzel in seinem Buch tut1.
Die ersten sieben Übungen sind unseren sieben Chakren gewidmet. So unterstützt uns die erste Übung bei der Bewältigung der Themen des ersten Chakras, die zweite beim zweiten Chakra usw.
Man kann jede Übung für sich üben, aber auch die Übungen hintereinander in aufsteigender Reihenfolge, also z.B. die erste und die zweite oder die dritte, die vierte und die fünfte.
Jede einzelne Übung wird viermal durchgeführt, wobei ein Durchlauf über beide Seiten geht, wo wir links und rechts unterscheiden (also von der dritten und bis zur sechsten).
Zeitlich kann man pro Übung in etwa fünf Minuten veranschlagen, je nach Geschwindigkeit etwas mehr oder weniger. Wenn man also die ersten sieben durchübt, braucht man etwas über eine halbe Stunde. Dabei spielt die Tageszeit keine Rolle.
Je weiter man in die Übung eindringt, desto mehr kann man sie auch mit geschlossenen Augen üben. Dies ist bei den Übungen mit beiden Beinen am Boden einfacher (erste, zweite, vierte und siebte), bei den bewegten schwieriger.
Wir haben mit unseren Lehrern diskutiert, wie weit man sich dabei im Raum umherbewegen darf. Wer die dritte oder die fünfte übt, wird merken, wovon ich hier spreche. Ich persönlich rate zu einem kleineren Teppich, in Summe vielleicht einen halben Quadratmeter groß. Wer es schafft, die Übungen mit geschlossenen Augen zu machen und diesen Teppich nicht zu verlassen, macht sie mit einer relativ hohen Exaktheit.
Die physische Übung
Wir starten mit der Grundhaltung (Siehe Seite 111). Wenn wir in der richtigen Entspannung sind, streifen wir die Hände nach außen aus und lassen sie außen vor den Oberschenkeln sinken. Der Oberkörper bleibt aufrecht, wir atmen aus. Die Finger nehmen Verbindung mit der Erde auf. Dann ziehen wir die Hände wieder hoch bis zur Leistengegend, dabei atmen wir ein. Dort stellen wir uns eine ebene Fläche vor, auf die wir die Hände legen, indem wir die Finger nach vorne schieben, die Handflächen zeigen nach unten. Auf dieser Fläche gleiten sie nach vorne, bis die Arme gestreckt sind. Dabei atmen wir aus. Dann beugen wir den Oberkörper etwas nach vorne und die Hände gleiten weiter auf der Ebene. Wir halten dabei kurz die Luft an. Am Ende – der Oberkörper ist nun leicht nach vorne gebeugt – sinken die Finger nach unten, die Hände beugen sich im Handgelenk (wir haben in Gedanken das Ende der Ebene erreicht).
Mit dem Einatmen ziehen wir die Hände wieder zum Körper und richten uns auf. Dabei machen die Hände einen weiten Bogen und bleiben auf der Ebene der Leisten. Die Hände kommen nun von hinten an die Hüftknochen, die kleinen Finger streifen diese ganz leicht, wir haben uns wieder voll aufgerichtet, groß gemacht, voll eingeatmet und ab nun beginnt wieder das Sinken und das Ausatmen. Die Handflächen zeigen nun nach oben, wir sinken leicht in die Knie, bis die Arme ziemlich gestreckt sind. Die Hände sind dabei nah aneinander, aber ohne sich zu berühren. Nun beugen wir wieder den Oberkörper, das Gesicht nähert sich den Händen bis ca. 30-40 cm, wobei die Fingerspitzen in etwa auf der Höhe der Augenbrauen sind. Die Ellenbogen sind leicht vor dem Körper, aber sehr nahe und beugen sich mit dem Oberkörper, die Hände bleiben dadurch auf derselben Höhe, also immer noch auf Höhe der Leisten. Dieses Beugen geschieht wieder ohne Atmen.
Mit dem Einatmen richten wir uns auf. Dabei bleibt der Abstand zwischen Gesicht und den Händen gleich, die Unterarme und Handgelenke sind ausgestreckt und verbleiben so. Kurz bevor wir uns vollständig aufgerichtet haben, fällt wieder Spannung ab, die Handgelenke öffnen, die Hände gleiten nach hinten, wir beginnen mit dem Ausatmen. Die Hände kippen so weit als möglich nach hinten, die Finger sind so gestreckt wie möglich, allerdings ohne Anspannung. Mit dem Ausatmen sinken wir auch wieder etwas in die Knie.
Mit dem Einatmen drehen wir die Unterarme so, dass die Fingerspitzen zuerst nach außen zeigen, dann auf uns zu. Die Ellenbogen heben sich, bis die Daumen nah am Hals sind. Dann gehen sie nach außen. Dabei wandert der Daumen vor das Ohr, die Handflächen sind unterhalb der Ohrmuschel, die Ellbogen zeigen im Winkel von 90° zur Seite, bilden also mit dem Kopf eine Ebene. Nun heben wir die Hände unter Kraftanwendung bis zur Höhe des Scheitels, mit einem kurzen Druck und Ausatmen. Dabei machen wir ein Go Sei Shen Ding und drehen die Handflächen so, dass sie zueinander schauen. Die Finger sind am Ende dieser Bewegung über dem Kopf, die Mitten der Handflächen in Etwa auf der Höhe des Scheitels. Wir sinken danach in dieser Stellung in die Knie und warten, bis der Atem knapp wird.
Mit dem Einatmen steigen die Finger nach oben. Wir werden nun gestreckt wie wenn wir an den Fingern gezogen würden. Zuerst strecken sich also die Arme, dann der Oberkörper, dann die Beine und zum Schluss heben sich noch die Fersen. Die Handflächen zeigen immer noch zueinander. Mit dem Beginn des Ausatmens gehen wir mit den Fersen wieder auf den Boden und die Handflächen drehen sich nach vorne. Die Arme sinken ausgestreckt nach unten bis in die Höhe des Herzens. Dort wenden sich die Handflächen für einen kurzen Moment dem Herzen zu, bevor sie weiter sinken und schließlich wieder in der eingangs beschriebenen Position außen vor den Oberschenkeln landen. Dann beginnt der Ablauf von neuem und wir machen dasselbe noch dreimal.
Die energetische Übung
Diese Übung ist die Ouvertüre der Fan Huan Gong und beschreibt den ewigen Zyklus unseres Lebens.
Wir verbinden uns mit der Energie der Erde, spüren diese Energiequalität in den Fingern und ziehen die Hände danach aus der Erdenergie. Dann streichen wir auf dieser Erde nach vorne, spüren, wie sie uns trägt. Es ist unser weißer Ring, den wir hier spüren. Er endet ungefähr auf der Ebene der Hüftknochen und genau da fahren unsere Hände an seiner Oberfläche nach vorne. Wir sollen hier nicht gierig werden und aufrecht bleiben. Die Hände umrunden diesen unseren Bereich anschließend, indem sie in weitem Bogen, aber immer noch auf derselben Ebene bleibend, nach hinten geführt werden und schließlich an unseren hinteren Oberschenkeln ankommen.
Die Hände kommen dann in erwartender Haltung wieder nach vorne und wenn wir in diesem ersten Schritt die Basis (für unser Leben, für den nächsten Lebensabschnitt, für den nächsten Tag…) geschaffen haben, so beginnt nun der nächste Schritt und er beginnt ganz unten. Und wieder müssen wir „den Rücken ein bisschen krumm“ machen, uns andeutungsweise nach vorne beugen, um dann unser Werk zu heben. Wir schaffen durch unser Herz und unser Tun eine Einheit und diese steigt.
Aber wir sollen nicht vergessen, dass der Mensch ein soziales Wesen ist. Der Aufstieg kann nur gelingen, wenn wir die anderen einbeziehen. Darum öffnen wir die Hände, teilen mit den anderen. Dies auf der Höhe des fünften Chakra. Unser Selbst teilt sich mit.
So gestärkt geht es zum letzten Schritt, die Energie ganz nach oben zu bringen. Mit einer kleinen Kraftanstrengung ist es geschafft und dann geht plötzlich alles von alleine. Aber dafür müssen wir auch „lassen“ können. Wenn uns das gelingt, folgt als Belohnung, dass wir „in den Himmel gezogen“ werden, an den Händen, bis die Fersen sich vom Boden heben.
Doch bei all dieser Freude dürfen wir den Kontakt zum Boden nicht verlieren und darum beginnt das Sinken nun mit einem Niederstellen der Fersen. Während wir uns unserer (irdischen) Wurzeln besinnen, dürfen wir auch nicht auf uns selbst (und unser Herz) vergessen und schließlich nehmen wir wieder Kontakt mit der Erde auf. Der Kreislauf beginnt von vorne.
Die energetische Übung mit Hinblick auf die Namensgebung
Nachdem ich die obige Erklärung geschrieben habe, die mir durchaus schlüssig erscheint, habe ich festgestellt, dass sich die Übung mit den drei Dantians beschäftigt. Wie passt das zusammen? Ich werde zur Klärung dieser Frage dasselbe nochmals durchspielen.
Wir verbinden uns mit der Erde, spüren diese Energiequalität in den Fingern und ziehen die Hände danach aus der Erdenergie. Dann streichen wir auf dieser Erde nach vorne, spüren, wie sie uns trägt. Es ist unser weißer Ring, den wir hier spüren. Er endet ungefähr auf der Ebene der Hüftknochen und genau da fahren unsere Hände an seiner Oberfläche nach vorne. Wir umfassen und umrunden ihn anschließend, indem wir die Hände in weitem Bogen, aber immer noch auf derselben Ebene bleibend, nach hinten ziehen.
Die Hände kommen dann in erwartender Haltung wieder nach vorne und wenn wir in diesem ersten Schritt die Basis (für unser Leben, für den nächsten Lebensabschnitt, für den nächsten Tag…) geschaffen haben, so beginnt nun der nächste Schritt und er beginnt ganz unten, im unteren Dantian. Es ist wohl der Dünndarm, dieses Feuerelement, in dem die Nahrungsaufnahme erfolgt und damit der Beginn der Energiegewinnung.
Aber wir sollen nicht vergessen, dass der Mensch ein soziales Wesen ist. Der Aufstieg kann nur gelingen, wenn wir die anderen einbeziehen. Darum öffnen wir die Hände, teilen mit den anderen. Dies auf der Höhe des fünften Chakra. Unser Selbst teilt sich mit.
Dieser Teil, das Menschsein, ist wohl das mittlere Dantian, der Sitz des Herzens. Es ist die rechte Herzkammer, die direkt unter dem Brustbein sitzt, jener Teil des Herzens, der das Blut in die Lungen punmpt und dazu führt, dass es mit Sauerstoff angereichert wird.
So gestärkt geht es zum letzten Schritt, die Energie ganz nach oben zu bringen. Mit einer kleinen Kraftanstrengung ist es geschafft und dann geht plötzlich alles von alleine.
Es erfordert schon noch eine spezielle Anstrengung, ins obere Dantian zu gelangen.
Aber dafür müssen wir auch „lassen“ können. Wenn uns das gelingt, folgt als Belohnung, dass wir „in den Himmel gezogen“ werden, an den Händen, bis die Fersen sich vom Boden heben.
Doch bei all dieser Freude dürfen wir den Kontakt zum Boden nicht verlieren und darum beginnt das Sinken nun mit einem Niederstellen der Fersen. Während wir uns unserer (irdischen) Wurzeln besinnen, dürfen wir auch nicht auf uns selbst (und unser Herz) vergessen und schließlich nehmen wir wieder Kontakt mit der Erde auf. Der Kreislauf beginnt von vorne.
Ohne dafür bisher Beweise gefunden zu haben, würde das bedeuten, dass das erste Chakra mit unserer Erdenergie, das zweite mit unserem Menschsein und das dritte mit der himmlischen Energie verbunden ist. Mal sehen, ob ich diese These auch bestätigen kann.
Vergleich zur Morgenübung
Auf den ersten Blick haben die beiden Übungen einiges gemeinsam, doch ist das wirklich so? In der Morgenübung beschäftigen wir uns mit den drei Qis: dem Erdqi, dem Himmelsqi und unserem Qi. In der ersten FHG geht es um das Qi in den drei Dantian. Wie ich an anderer Stelle ausführe, sind dies die drei Energiezentren, die in der TCM beschrieben werden. Aber im Gegensatz zur Morgenübung sind wir hier nicht bei unserer Beziehung zur Umwelt, sondern in uns selbst, so wie sich die Fan Huan Gong mit unserem Aufstiegsweg beschäftigen.
Wenn man es aus dieser Sicht betrachtet, dann beginnen wir mit dem unteren Dantian und heben schließlich die Energie ins mittlere, Tanzhong, das auf der Höhe des Herzens sitzt. Dann heben wir die Energie mit einem Kraftakt ins ober Dantian, das an der Stelle des Drittauges sitzt. Beim Weg nach unten zollen wir wiederum allen drei Dantians Kredit.
1Siehe Gerhard Wenzel, erstes Buch.