Augen-Qigong

Wenn ich diese Übung etwas blumig beschreiben soll, würde ich folgendes sagen: Stellen Sie sich vor, sie haben ein zerknittertes Tuch über ihren Augen liegen. Diese Übung glättet das Tuch.

Das zerknitterte Tuch entspricht wohl der Durchblutung Ihres Augensystems. Mit dieser Übung sorgen Sie für eine gleichmäßigere Versorgung des gesamten Systems und damit für ein besseres Sehen. Ähnlich wie beim Bügeln muss man es öfter anwenden, bis es wirklich funktioniert, aber jede einzelne Übung verbessert es ein bisschen. Ist alles glatt gebügelt, kann man die Übung wieder für einige Zeit aussetzen.

Nun zur Beschreibung: wie funktioniert das?

Die physische Übung

Die Übung besteht im Wesentlichen darin, dass wir die Energie um die Augen herum lenken. Dabei wenden wir die geteilte Aufmerksamkeit dafür an, beide Augen gleichzeitig mit gleicher Energie zu versorgen.

Wir schließen die Augen und beginnen im Dantian und leiten die Energie unten herum über das Lenkergefäß (entlang der Wirbelsäule) zu Baihui – dem höchsten Punkt am Kopf. An dieser Stelle halten wir kurz inne, unsere Aufmerksamkeit ist also jetzt an diesem Punkt ganz oben. So wie an jedem anderen der nun folgenden Punkte werden wir hier für zwei Atemzüge verweilen.

Danach gehen wir zum Drittauge und verweilen wieder für zwei Atemzüge. Mein Lehrer erklärte mir das Drittauge am Sitz der Zirbeldrüse, ihr könnt es aber auch zwischen den Augen visualisieren. Diese beiden Punkte entsprechen dem 7. und dem 6. Chakra und wir wissen, dass diese beiden Chakren für das gute Sehen verantwortlich sind.

Die auf der Grafik dargestellten Ziffern sind insofern wichtig, als ich mir beim Üben die jeweilige Zahl zweimal vorsage, wenn ich mich auf die Stelle konzentriere, also:

eins (Einatmen), eins (Einatmen) und danach zwei (Einatmen), zwei (Einatmen).

Danach teilt sich die Aufmerksamkeit und wir setzen das Zählen bei Blase 1 mit drei, drei fort. Die Punkte sind in der unteren Grafik dargestellt und es ist nicht so wichtig, wo diese genau sind. Rund um die Augen sind jetzt einige Meridianpunkte des Gallenblasen- und des Magenmeridians, aber lasst euch davon nicht zu sehr leiten. Ihr werdet bei den Übungen merken, dass die Punkte, auf die ihr Euch konzentriert, einmal näher beim Auge und einmal weiter weg sind. Mir passiert es vor allem nach längerer Pause, dass einzelne Punkte gar nicht gehen und andere umso besser, auch links und rechts wird völlig unterschiedlich sein. Aber wir bleiben dann nicht hängen und versuchen, diesen Punkt zu spüren, sondern schreiten einfach im Takt weiter voran.

Energiepunkte am Körper

Im Wesentlichen könnt Ihr Euch jetzt vorstellen, dass wir jeweils um 45° fortschreiten, wobei die geraden Ziffern oben, unten, links und rechts sind und die ungeraden immer dazwischen.

Der Punkt 10 macht mir persönlich immer die meisten Schwierigkeiten und ich hab das Gefühl, dieser Punkt ist etwas anders als die anderen. Vielleicht liegt es daran, dass wir hier direkt am Auge sind oder eigentlich genau genommen unter die Haut eindringen müssten, weil dort der Beginn des Sehnervs ist.

Wenn wir jetzt den Punkt 10 hinter uns haben, beginne ich wieder mit drei. Ich tue mich leichter, wenn ich jetzt anstatt drei mit dreizehn weitermache. So gibt die Zehnerstelle den Umlauf und die Einserstelle den jeweiligen Punkt an, also „drei“ zum Ein- und „zehn“ zum Ausatmen, alles wieder zweimal.

Ein Umlauf dauert so ungefähr eine Minute, je nach Atemfrequenz. So zählen wir dann hoch bis 70 (also insgesamt 7 Umläufe), wobei die 21, 22, 31, 32 usw. jeweils übersprungen werden, weil die Punkte 1 und 2 am Kopf und nicht um die Augen liegen. Nach 70, also dem Punkt, wo der Augennerv beginnt, gehen wir noch auf 73, also Blase 1 und leiten danach die Energie wieder ins Dantian.

Energiepunkte rund um das Auge

Manchmal will ich die Augen jetzt noch weiter schützen, dann öffne ich sie nur zögerlich, manchmal massiere ich auch noch die Augenbrauen oder lege meine Handinnenflächen auf die Augen, je nachdem, ob da noch etwas notwendig ist.

Die energetische Übung

Ab einem gewissen Alter kennt wohl jeder das Problem: man will etwas lesen und die Augen versagen den Dienst. Trotz der größten Anstrengungen wird es nicht scharf, egal wie nah oder fern man den Text vor den Augen hält. Doch immer, wenn mir das passiert, ist es wieder Zeit, das Augen-Qigong zu machen. Damit helfe ich mir seit bald 15 Jahren und kann eigentlich immer noch fast alles lesen.

Irgendwann damals habe ich begonnen, die Brillen meiner Frau zum Lesen zu benutzen und mir auch eine billige Lesebrille gekauft. Dann wurde ich auf Augen-Qigong aufmerksam. Seither liegen diese Brillen herum, weil ich dann im Herbst ein Seminar dazu gemacht habe.

Nach der TCM muss Energie in die Augen eintreten und aus ihnen austreten, damit wir gut sehen können. Zu wenig Yang bringt klare Flüssigkeit, zuviel YIN (das nicht abfließt) verklebt die Augen. Im Herbst tränen mir schnell die Augen und ich fühle mich in Wind und Kälte unwohl. Hier bringt diese Übung offensichtlich die Energie wieder in Ordnung.

Im Wesentlichen wird diese Übung die Durchblutung und Beweglichkeit der Augen verbessern. Direkt nach der Übung stellt sich ein warmes Gefühl in den Augen ein und sie sind gut mit Feuchtigkeit benetzt. Hinzu kommt, dass alles, was rot ist, mehr auffällt, das Rot also intensiver wirkt. Und man kann kleine Texte wieder ohne Anstrengung lesen.

Qigong hilft uns, den Energiefluss zu verbessern. Die Energie folgt der Aufmerksamkeit. Mit anderen Worten, wenn wir uns auf eine bestimmte Stelle unseres Körpers konzentrieren, steigert dies die Energie an der Stelle. Und wo das Qi (die Energie) ist, dorthin geht auch das Blut.

Das Zentrum, „das Meer“ unserer Energie ist unser Unterbauch (Dantian). Dort beginnt man mit der Konzentration bei vielen Übungen. Qigong sorgt auch für eine Harmonisierung von Körper, Herz und Atmung. Wir werden ruhiger, können uns besser konzentrieren. Letztlich ist es eine Form der Meditation.

Wichtig ist auch noch, dass wir manchmal die Energie in zwei Richtungen schicken. Das nennt man dann geteilte Aufmerksamkeit. Wir konzentrieren uns also auf zwei Stellen gleichzeitig. Nicht so einfach, aber es wird mit ständigem Üben immer besser gehen. Wie überhaupt diese Übungen erst bei mehreren Wiederholungen gut funktionieren.

In den ersten Jahren machte ich diese Übung täglich, zeitweise zweimal am Tag, ungefähr in der Zeit von Oktober bis Jänner. Irgendwann merkt man dann, dass man es nicht mehr braucht und es geht wieder ohne.

Besonders, wenn man das Gefühl hat, die Augen sind belastet oder man schafft das mit dem Sehen nicht mehr, also Angst davor hat, etwa Kleingedrucktes zu lesen, sollte man die ca. 7 Minuten Zeit finden, diese Übung durchzuführen und das dann am besten solange täglich, bis dieses Gefühl der Überlastung wieder weg ist.

Ich habe mir angewöhnt, diese Übung in den öffentlichen Verkehrsmittel durchzuführen. So nutze ich diese Zeit effektiver. Mittlerweile wärme ich die Augen bei meinem täglichen Qigong durch Auflegen der Hände, was meine Übungspraxis im Augen-Qigong deutlich reduziert. Ich würde sagen, dass ich es derzeit im Anlassfall vielleicht 20-30 Mal im Jahr praktiziere.

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